Nur Fakten zählen
Dass viele Deutsche keine Atom- oder Kohlekraftwerke in ihrer Umgebung haben wollen und ihnen auch Stromtrassen suspekt sind, ist nachvollziehbar. Wer will schon solche industriellen Großanlagen vor seiner Nase?
Daher hat die von der Agentur für Erneuerbare Energien - ein Lobbyverein - in Auftrag gegebene Studie nichts Neues hervorgebracht. Ob die Akzeptanz für Energie aus Sonne, Wind oder Biomasse allerdings so groß ist, wie die Agentur uns weismachen will, sollte hinterfragt werden. Denn überall tut sich Widerstand gegen neue Windparks auf, und die Diskussion spaltet sogar Öko-Organisationen wie den Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Selbst einer seiner Gründungsväter, der bayerische Freiherr Enoch zu Guttenberg, hält inzwischen flammende Reden gegen den Ausbau der Windenergie. In Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen das gleiche Bild. Zwischen Klima- und Landschaftsschützern sind die Fronten verhärtet. Es toben regelrechte Schlammschlachten.
Dabei ist der Beitrag der Erneuerbaren an der deutschen Energieversorgung denkbar gering. In aller Regel wird hierbei nur über die Verstromung gesprochen. Nimmt man Heizbedarf und Verkehr noch hinzu, haben die Erneuerbaren einen Anteil von rund elf Prozent. Das heißt, dass wir fast 90 Prozent unserer Energie aus Erdöl, Kohle, Erdgas und Kernkraft beziehen. In den vergangenen fünf Jahren hat sich zudem nicht mehr viel getan. Der Anteil der Erneuerbaren, der in den 2000er Jahren von drei auf zehn Prozent geklettert war, erhöhte sich seitdem gerade noch um einen Prozentpunkt - und das, obwohl dem Sprit inzwischen bis zu zehn Prozent Biokraftstoff beigemischt werden muss.
Problematisch sind die Erneuerbaren auch bei der Strom-Erzeugung. Denn die Photovoltaik steht an den 8760 Stunden eines Jahres nur rund 934 Stunden (10,6 Prozent) zuverlässig zur Verfügung. Bei den Windrädern an Land sind es knapp 1700 Stunden (19,3 Prozent). Die von den Ökostrom-Befürwortern ins Feld geführte Windkraft auf hoher See, die als Lieferant für die künftige Grundlast-Versorgung mit elektrischer Energie dienen soll, muss ebenfalls kritisch hinterfragt werden. Die geplanten deutschen Hochsee-Windparks sollen 4000 Stunden pro Jahr Strom liefern. Die bereits existierenden Offshore-Anlagen im europäischen Ausland bringen es lediglich auf eine Auslastung von 2500 bis 3500 Stunden. Wunsch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander.
So ist auch die Befragung der Agentur ausgelegt. Niemand will Kohlestrom, aber er ist für die nächsten Jahrzehnte unverzichtbar. Denn er steht das ganze Jahr zur Verfügung. Bei der deutschen Energiepolitik sollte man sich tunlichst an den Fakten orientieren. Sie ist kein Wunschkonzert.