Realpolitik für Bürger statt nur Satire

Karlsruhe · Im kommenden Jahr startet Deutschland in eine Serie bedeutender Wahlen, die 2017 mit der Bundestagswahl ihren Höhepunkt findet. Im Bund schienen die Mehrheiten zuletzt in Stein gemeißelt. Doch bei genauerem Hinsehen ist das Parteiensystem in Bewegung. SZ-Mitarbeiter haben dafür Beispiele gefunden. Heute: Die Partei. Teil 5 und Schluss.

Die Spaßkanone trägt Anzug und Krawatte. Wenn Max Braun in den Karlsruher Gemeinderat kommt, sieht er nicht aus, als nehme er die Kommunalpolitik auf die leichte Schulter. Der 21-Jährige ist vor knapp einem Jahr für "Die Partei" ziemlich überraschend ins Stadtparlament eingezogen. 6000 Stimmen hat er bekommen - und das mit einem Wahlprogramm, in dem unter anderem ein aufblasbares Wildparkstadion für die Fußballer des Karlsruher SC zu finden war. Späße, über die man lachen kann. Aber eignet sich so einer für die Politik?

Sein Wahlerfolg mit der selbst ernannten Satirepartei gilt manchen als Beleg für Politikverdrossenheit. "Die Partei", an deren Spitze der ehemalige "Titanic"-Chefredakteur Martin Sonneborn steht, gilt der Politik als Schreckgespenst. Wenn schon eine Satirepartei in der Politik mitmischt, heißt es, dann geht die Demokratie endgültig den Bach runter. Der EU-Parlamentarier Sonneborn fällt in Brüssel vor allem mit lustigen Filmchen auf, doch Max Braun will das anders machen. "Ich hebe mich schon von der Partei in Berlin ab", sagt er, "ich gehe einen anderen Weg und mache Realpolitik."

Die Kommunalwahl hat Max Brauns eigentliche Pläne durchkreuzt. Nach dem Abitur wollte er studieren, das ist jetzt erstmal aufgeschoben. "Man könnte sagen, dass ich derzeit Berufspolitiker bin", beschreibt er seine Situation. Die 800 Euro Aufwandsentschädigung für Stadträte plus 400 Euro als Fraktions-Vize sind für ihn genug.

Max Braun hat derzeit nur ein Ziel: "Ich konzentriere mich voll auf den Gemeinderat." Anträge und Vorlagen lesen, sich in Themen einarbeiten, recherchieren - das kostet Zeit. "Ich habe, glaube ich, deutlich mehr Zeit, mich mit Kommunalpolitik zu beschäftigen, als so mancher meiner Kollegen", sagt Braun, der glaubt ausgemacht zu haben, was das große Problem der Politik ist. "Immer weniger Leute interessieren sich für Politik, weil sie doch gar nicht mehr verstehen, was da passiert."

Seine Schwerpunkte setzt Max Braun in der Kinder- und Jugendpolitik, Schulpolitik und Asylpolitik. Er sitzt im Jugendhilfeausschuss, im Sozialausschuss und im Sportausschuss. "Alles Themen, die mich interessieren und bei denen ich das Gefühl habe, dass man was bewegen kann." Auf kommunaler Ebene, betont er, sei man nah dran am Bürger . Kaum überrascht hat ihn allerdings, dass im politischen Alltagsgeschäft alles recht schleppend läuft. Man bringt einen Antrag ein, es wird diskutiert, abgestimmt, manchmal versandet etwas, anderes wird blockiert, man muss Mehrheiten finden und abwägen. "Alles braucht unglaublich viel Zeit."

Über sein erstes Jahr im Gemeinderat urteilt er im Rückblick: "Dass man am Anfang nicht wirklich ernst genommen wird, war klar. Ich habe aber inzwischen auch viel Lob bekommen von mehreren Stadträten, dass wir realpolitisch arbeiten", sagt Max Braun.

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