Luxair-Unfall: Spuren einer Bauchlandung
Einen Tag, nachdem am Saarbrücker Flughafen eine Maschine beinahe abgestürzt wäre, hat sich der Betrieb wieder normalisiert. Flugzeuge konnten gestern wieder starten und landen, wenn auch einige noch mit Verspätung.
Als die Sirenen losheulen, lassen die Feuerwehrmänner alles stehen und liegen. Einsatzleiter Georg Schneider rennt in sein Büro. Was ist passiert? Luftnotfall. Er kontaktiert den Tower, lässt sich die Sicherheitsfreigabe für alle Bereiche des Flughafens geben. Dann rein in die Schutzkleidung. Die Schuhe stecken bereits in den Hosenbeinen. Die Männer müssen nur einsteigen. Jacke an, Helm auf. In den zwei Löschwagen, die an gepanzerte Militärfahrzeuge erinnern, hat jeder der 14 Männer seinen festen Platz. Jeder weiß, was seine Aufgabe ist. Mit 13 500 Litern Wasser und 1500 Litern Schaummittel an Bord brettern die Fahrzeuge los. Schon von Weitem sehen sie die verunglückte Luxair-Maschine. Sie ist auf dem Bauch gelandet.
Für die Saarbrücker Flughafen-Feuerwehr war der Unfall am Dienstagmorgen ein Härtetest. Einsätze wie diesen kannten die Männer, die bis auf den Einsatzleiter nebenberuflich bei der Feuerwehr arbeiten und sonst bei der Abfertigung der Flugzeuge helfen, bisher nur von Übungen. Doch die zahlten sich nun aus. "Es kam keine Hektik auf", sagt Schneider. Drei Minuten hat die Flughafen-Feuerwehr nach internationalen Bestimmungen Zeit, am Einsatzort zu sein. "Wir waren nach zwei Minuten da."
Auf der Rollbahn stehen die 16 Passagiere und die Crew des Flugzeugs, das nach Luxemburg fliegen sollte. Sie konnten sich selbst retten. Hinter ihnen liegen dramatische Momente. "Die Maschine brach aus und schlug auf der Landebahn auf", erzählt ein Paar aus dem Kreis Trier-Saarburg. Ihr China-Urlaub endet in der Heimat mit dem Schreck ihres Lebens. Dem Piloten sei es irgendwie gelungen, die Maschine unter Kontrolle zu bringen. Allerdings habe das Flugzeug kurz darauf angefangen zu qualmen. Als der Flieger endlich zum Stillstand gekommen sei, habe eine Stewardess gerufen: "Alle raus!"
Feuer entdecken die Feuerwehrleute nicht, als sie an das Flugzeug heranfahren. Mit einer Wärmebildkamera untersuchen sie die Maschine, bevor sie sie betreten. Auch im Inneren ist kein Brand zu erkennen. Der Rauch, von dem Augenzeugen berichteten, sei womöglich durch die Reibungshitze entstanden, als das Flugzeug über den Asphalt rutschte, sagt Schneider. Passagiere und Crew werden abgeschirmt und ärztlich betreut. "Viele realisieren erst nach einiger Zeit, dass sie gerade dem Tod von der Schippe gesprungen sind", sagt Michael Eberling, Verkehrsleiter des Flughafens. Der Einsatz der Feuerwehr zieht sich bis in die Morgenstunden.
Am Tag nach der Beinahe-Katastrophe ist vor Ort nur noch wenig von der Aufregung der vergangenen 24 Stunden zu spüren. Gegen 6 Uhr früh wurde die Start- und Landebahn, die bei der Bauchlandung nach Auskunft von Flughafensprecher Ludwin Vogel nur zwei Schrammen abgekommen hat, gesäubert und freigegeben. Flugzeuge können wieder starten und landen, einige allerdings mit Verspätung. Eine begleitete Reisegruppe des Roten Kreuzes muss knapp eine Stunde länger auf ihren Abflug nach Rhodos warten. Nun sitzen die älteren Damen und Herren - Anfang, Mitte 80 - in der Flughafenhalle und blicken bange zu den Bildschirmen, auf denen die Flugzeiten stehen. "Viele haben von dem Vorfall gestern gehört. Sie sind jetzt ein wenig aufgeregt und beunruhigt. Aber wir machen das Beste daraus", sagt Reiseleiterin Ingrid Dresdner. Andere nehmen die Verspätung ganz gelassen. "Das ist mir völlig egal", sagt Iris Raschdorf, die mit ihrem Mann Ulrich ebenfalls auf die griechische Ferieninsel fliegt.
Die Unglücksmaschine steht derweil hermetisch abgeschirmt in einer Werfthalle des Saarbrücker Flughafens. Nur das Ermittler-Team der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) in Braunschweig und ein Team der Luxair dürfen in die Nähe des Wracks. Die Propellermaschine wurde mit einem Spezialkran angehoben, auf das eigene Fahrwerk gestellt und von der Startbahn geschleppt. Die Notlandung ohne Fahrwerk aus geringer Höhe hinterließ deutliche Spuren. Über mehrere Meter sei die Metallhaut der Q 400 am Boden abgeschliffen, teilweise auch eingerissen oder aufgeplatzt, berichtete ein Beobachter der Bergung der SZ.
Warum der Pilot den Start abbrach und die Bauchlandung machte, blieb gestern unklar. Daten- und Stimmenrekorder werden ausgewertet. Ein erster Ursachenbericht könnte laut BFU in sechs bis acht Wochen vorliegen.
Zum Thema:
Die verunglückte Maschine vom Typ Bombardier Q 400 gehört seit September 2012 zur Luxair-Flotte. Ob sie noch für weitere Untersuchungen in Saarbrücken bleiben muss oder für den Eigentümer freigegeben wird, könnte sich nach Angaben der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) heute entscheiden. Die Q-400-Flotte umfasst nach dem Unfall aktuell damit noch sechs Maschinen. "Wir werden unseren Flugplan auf Sicht nicht im kompletten Umfang durchführen können", so Luxair-Sprecher Jean Lasar. Welche Flüge ausfallen, entscheide sich aber kurzfristig, möglicherweise heute. ur