„Da hat mir der Herr Jauch leidgetan“

Wenn es temperamentvoll zugeht, ist die Show gut: Das sagt Wolfgang Bosbach im Gespräch mit SZ-Redakteur Pascal Becher. Der Bundestagsabgeordnete muss es wissen. Kein anderer Politiker ist so oft Gast in Polit-Sendungen.

Herr Bosbach, seit Jahren führen Sie die Liste der Politiker mit den meisten Talkshow-Besuchen an. Was macht für Sie eine gute Sendung aus?

Bosbach: Mir persönlich sind Sendungen am liebsten, bei denen es unter den Gästen einen lebhaften, von mir aus temperamentvollen, aber immer sachlichen Meinungsaustausch gibt. Dadurch können die unterschiedlichen Positionen herausgearbeitet werden, und die Zuschauerinnen und Zuschauer lernen dadurch die Positionen der Gäste am besten kennen.

Welche Themen versprechen da Zündstoff?

Bosbach: Bei welchen Themen kann es keinen Zündstoff geben? Die Redaktionen laden doch bewusst Gäste ein, die zu einem Thema unterschiedliche politische Standpunkte vertreten - wenn alle Gäste die gleichen Meinungen haben oder die gleichen Forderungen erheben, dann ist statt gelungener Unterhaltung gepflegte Langeweile zu erwarten. Wichtig ist der Zeitpunkt eines Themas, beispielsweise zu Beginn oder am Ende eines Gesetzgebungsverfahrens, wenn ein bestimmtes Thema eine besondere öffentliche Beachtung findet. Ganz anders ist die Lage bei aktuellen Ereignissen wie nach den Terroranschlägen in Paris, dann müssen die Redaktionen ihren Fahrplan ändern und möglichst rasch attraktive Sendungen auf die Beine stellen. Ich selber hatte in wenigen Stunden eine ganze Reihe von Anfragen, aber da ich bereits bei der Sendung "Menschen bei Maischberger" zugesagt hatte, konnte ich andere Einladungen nicht mehr annehmen.

Braucht es in einer Talkshow nicht auch echte Gegner?

Bosbach: Echte Gegner sind nicht die Gäste, die besonders viel reden oder häufig dazwischenreden, richtig spannend wird es doch erst dann, wenn eine andere politische Haltung mit guten Sachargumenten untermauert wird. Wichtig ist dafür die Kombination von Ahnung und Meinung. Hilfreich ist es auch, wenn die Gäste gut zuhören können. Diese Fähigkeit ist allerdings sehr unterschiedlich ausgeprägt, und gelegentlich erwische ich mich auch selber dabei, dass ich nicht stillhalten kann, bis ich wieder dran bin.

Gibt es eine Sendung, die Ihnen besonders in Erinnerung ist?

Bosbach: Bei "Günther Jauch " war im Oktober vergangenen Jahres ein äußerst sprachgewandter Imam zu Gast, und der war nicht zu bremsen. Ich hab' sofort gemerkt: Achtung, jetzt hat Herr Jauch echte Probleme. Er war sichtlich hin- und hergerissen zwischen der Überlegung, eigentlich müssten jetzt auch mal die anderen Gäste drankommen, und der Befürchtung, bei einem lauten Stopp für den Imam als unfreundlich oder gar islamophob zu gelten. Das Ganze ist leider etwas aus den Fugen geraten, da hat mir der gute Herr Jauch wirklich leidgetan.

Das ganze Interview steht im Netz unter www.saarbruecker-zeitung.de/wolfgang_bosbach

Zum Thema:

HintergrundNiemand sitzt so oft in politischen Talkshows wie Wolfgang Bosbach . Das zeigt eine Auswertung der Sendungen "Hart aber fair", "Maybrit Illner " "Günther Jauch " und "Anne Will " von Januar 2014 bis September 2015. 14 Auftritte: W. Bosbach11 Auftritte: Peter Altmaier , Katrin Göring-Eckardt, Norbert Röttgen , Sahra Wagenknecht10 Auftritte: Ralf Stegner , Katja Kipping 9 Auftritte: Armin Laschet , Edmund Stoiber , Markus Söder . red

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