Wie die guten Seelen von Lebach Flüchtlingen helfen

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe informierte sich gestern in Lebach und St. Wendel, wie man im Saarland Flüchtlingen hilft und zeigte sich beeindruckt. Innenminister de Maizière denkt derweil angesichts der Flüchtlingszahlen über eine Grundgesetzänderung nach.

 Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) schüttelt Flüchtlingen und ehrenamtlichen Helfern die Hände. Foto: Rolf Ruppenthal

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) schüttelt Flüchtlingen und ehrenamtlichen Helfern die Hände. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Als Dr. Abed Massalme mit seinem kurzen Vortrag fertig ist, klatscht Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe kräftig in die Hände. "Super! Ganz tolle Leistung!", ruft er. Umringt von Kameraleuten und Fotografen hatte Massalme dem CDU-Politiker in einem behelfsmäßigen Behandlungszimmer mit gespendeten EKG- und Ultraschall-Geräten erläutert, wie die Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle in Lebach medizinisch versorgt werden. Der gebürtige Syrer, der vor 54 Jahren zum Studieren ins Saarland kam und sich später in Marpingen als Internist niederließ, ist seit acht Jahren eigentlich im Ruhestand. Aber nun hilft der 74-Jährige in Lebach, es ist ein Fulltime-Job. Die gute Seele nennen sie ihn in Lebach. "Die Leute sind dem deutschen Volk sehr dankbar", sagt Massalme.

"Mich beeindruckt das sehr", sagt Gröhe hinterher. Die medizinische Versorgung der Flüchtlinge sei eine große Herausforderung, aber in Lebach zeige sich, dass sie zu bewältigen ist. Gröhe war gestern zunächst in St. Wendel, um das Clearinghaus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu besuchen. Anschließend machte er sich mit Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) auf den Weg nach Lebach. Dort, sagte Gröhe, lasse sich die Gesundheitsversorgung besser studieren als "vom Aktendeckel in Berlin aus". Er warb für "kluge Flexibilität": Die Hilfe eines syrischen Mediziners zum Beispiel solle auch dann in Anspruch genommen werden, wenn er hierzulande wegen fehlender Deutsch-Kenntnisse noch gar nicht als Arzt anerkannt ist. In Lebach passiert das längst. Fünf syrische Ärzte und eine sudanesische Ärztin arbeiten unter Massalmes Aufsicht. Bald soll ein Zahnarzt zum Team dazustoßen.

Um die rund 50 schwangeren Frauen kümmern sich in einem Container rund um die Uhr zudem sechs Hebammen. "Eine Perle", lobt Sozialministerin Monika Bachmann (CDU ). Als Gröhe den Container betritt, ist gerade ein junges Paar mit seinen neu geborenen Zwillingen da.

Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) sagt, die medizinische Versorgung in Lebach brauche unter ähnlichen Einrichtungen "keinen Vergleich in Deutschland zu scheuen". Beim Rundgang der Politiker, der von einem großen Medientross begleitet wird, folgt kurz darauf der Realitäts-Check: Eine Frau aus der Erstaufnahme-Einrichtung in Trier, die nach Lebach gekommen ist, fleht um medizinische Hilfe für ihren kleinen Sohn. In Trier sei ihnen nicht geholfen worden. Eigentlich will Bouillon diesen, wie er sagt, "Asyl-Tourismus" nach Lebach unterbinden. Er lässt zu diesem Zweck jetzt Fingerabdrücke von Neuankömmlingen nehmen.

Aber in einem solchen Notfall ist statt Abweisen Hilfe geboten. Kramp-Karrenbauer und Bachmann kümmern sich persönlich, auch Dr. Massalme ist jetzt gefordert, als Arzt und Seelentröster.

Um neu ankommende Flüchtlinge kümmern sich seit Wochen Sanitäter der Hilfsorganisationen. Bouillon hätte gerne, dass die Bundeswehr einspringt. Die allerdings hat abgelehnt, aus Personalmangel. Inzwischen ist zu hören, die Absage sei möglicherweise noch nicht das letzte Wort.

Klar scheint inzwischen, dass das Saarland eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge einführen wird, eventuell zusammen mit Rheinland-Pfalz. Eine bundeseinheitliche Lösung wird es nicht geben, einige Länder wollen sie nicht. Laut Gröhe wird derzeit aber geprüft, ob die Krankenkassen gezwungen werden können, eine solche Rahmenvereinbarung abzuschließen, wenn ein Bundesland dies möchte. Bislang müssen sich die Flüchtlinge vom Amt jedes Mal einen Schein ausstellen lassen, wenn sie zu einem Arzt gehen wollen. Dies gilt jedoch als bürokratisch. Eine Gesundheitskarte könnte dies erleichtern, an der Finanzierung allerdings würde es nichts ändern. Hier betonte Gröhe, die Leistungen würden auch zukünftig nicht von den Beitragszahlern der gesetzlichen Kassen getragen, sondern aus Steuergeldern. Daher sei die Forderung aus der Linken, auch die Privatversicherten müssten an den Kosten beteiligt werden, "völliger Blödsinn".

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