Jeder Zweite hat Angst vor dem Klimawandel

Berlin · Die meisten Deutschen leben in Sicherheit und Wohlstand – Ängste haben sie trotzdem. Was ihnen die größten Sorgen bereitet, legt eine Umfrage offen.

Was bringt die Deutschen um den Schlaf? Eine ganze Menge. Insgesamt betrachtet blicken die Deutschen jedoch optimistisch in die Zukunft. Das geht aus der aktuellen Auswertung einer Langzeitstudie hervor, die seit 1992 die Ängste der Bundesbürger thematisiert.

Die gute Nachricht vorweg: Genauso wie schon im vergangenen Jahr ängstigen sich aktuell nur 39 Prozent der Deutschen davor, was ihn noch alles widerfahren könnte. So entspannt war man zuletzt vor rund zwei Jahrzehnten gewesen. Hauptursachen für die allgemein gute Stimmung sind eine stabile wirtschaftliche Lage, ein moderates Preisniveau und die weit verbreitete Überzeugung, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben. Dass bei mehr als einem Drittel der Bevölkerung trotzdem auch weiterhin die Ängste überwiegen, hat mit Faktoren zu tun, die sich persönlich kaum beeinflussen lassen. "Aktuelle Bedrohungen und Herausforderungen, die von außen auf uns zukommen, lösen in diesem Jahr sehr große Ängste aus", meinte Rita Jakli von der R+V-Versicherung, in deren Auftrag die repräsentative Befragung durchgeführt wurde. Und das ängstigt die Bundesbürger derzeit am meisten:

Schuldenkrise: Zwei Drittel (64 Prozent) sehen die Euro-Rettungspolitik mit größter Skepsis - vor allem im Hinblick auf mögliche Kosten für den deutschen Steuerzahler. Die Sorge um den Euro sei unabhängig davon, welcher Partei die Befragten zuneigten. Damit leisteten sie sich eine völlig andere Meinung als die Politik, die ihren Kurs zur Euro-Rettung für alternativlos halte, erläuterte der Politologe Manfred Schmidt , der die Studie ausgewertet hat.

Naturkatastrophen: Erstaunlich, aber wahr - auf Platz Zwei der großen Angstmacher rangiert die Furcht vor den Folgen des Klimawandels. 53 Prozent der Deutschen treibt dabei offenkundig die wachsende Zahl lokaler Unwetter und Überschwemmungen um.

Terrorismus : Noch im Jahr 2001 spielte die Furcht vor Anschlägen bei den Deutschen kaum eine Rolle. Und das, obwohl seinerzeit das World Trade Center in New York zerstört wurde. Aktuell ängstigen sich 52 Prozent der Bundesbürger vor solchen Phänomenen, das sind 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei spielen gewiss die regelmäßigen Berichte über den Terror des IS eine entscheidende Rolle.

Flüchtlingskrise: Die Angst vor einer Überforderung der Bevölkerung und der Behörden durch den Ansturm von Asylbewerben ist praktisch von Null auf den dritten Platz geschnellt. Im vergangenen Jahr tauchte das Thema in der Studie noch gar nicht auf. Jetzt sehen 50 Prozent der Bundesbürger darin ein bedrohliches Problem. In der Beurteilung der persönlichen Lage gibt es allerdings nach wie vor deutliche Ost-West-Unterschiede. So sorgen sich in den neuen Ländern 63 Prozent um steigende Lebenshaltungskosten. Im Westen sind es nur 44 Prozent. In den alten Ländern haben 30 Prozent Angst vor Arbeitslosigkeit. Im Osten sind es 39 Prozent. Dies resultiert offenbar daraus, dass die Arbeitslosenquote in den neuen Ländern immer noch um mehr als ein Drittel höher liegt als in den alten. Wohl auch vor diesem Hintergrund ist die Furcht vor Spannungen durch den Zuzug von Ausländern im Osten mit 55 Prozent viel stärker ausgeprägt als im Westen mit 47 Prozent. Politik-Professor Schmidt sieht weitere Ursachen: "Große Teile im Osten haben wenig Erfahrungen mit der Einwanderung. Außerdem glauben viele Ostdeutsche, dass sie keinen gerechten Anteil am Wohlstand erhalten". "Zuwanderung ist für sie eine Zumutung", sagt Schmidt. Im Ranking hat dann auch der Osten bei der Ängstlichkeit die Nase vorn. Die sorgenvollsten Deutschen leben in Sachsen-Anhalt (55 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (49) und Thüringen (45). Dagegen sind die Rheinland-Pfälzer und Saarländer (jeweils 28 Prozent) am optimistischsten.

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