Ist ein Schlafplatz genug?

Berlin · Die Kommunen richten eilig Notunterkünfte ein, damit die zahlreichen Flüchtlinge in Deutschland ein Dach über dem Kopf haben. Aber was ist mit leben, lernen, arbeiten, gesund werden, zurechtkommen in einem neuen Land?

Jeden Monat kommen tausende Menschen nach Deutschland, die vor Krieg und Not in ihrer Heimat fliehen. Die Behörden ächzen unter der Flut von Asylanträgen, und die Kommunen wissen nicht, wohin mit den Flüchtlingen. Bund und Länder beraten derzeit angestrengt, wie sie mit der Entwicklung fertig werden - so auch gestern wieder. Viel ist davon die Rede, schnell neue Unterkünfte zu organisieren, leer stehende Gebäude umzufunktionieren oder Asylbewerberheime in Gewerbegebieten einzurichten. Aber reicht das? Bei der Versorgung von Flüchtlingen mangelt es längst nicht nur an Schlafplätzen.

"Hell, warm, trocken und satt" - damit sei eine menschenwürdige Versorgung von Asylbewerbern noch nicht erledigt, sagt der Präsident des Deutschen Städtetages, Ulrich Maly. Die Menschen bräuchten soziale Betreuung, Schulunterricht, Deutschkurse, medizinische Versorgung und Trauma-Therapien. Doch all das kostet Geld. Und Bund, Länder und Kommunen ringen darum, wer welche Lasten tragen soll. Fachleute fordern strukturelle Veränderungen. "Bislang greift eher das Konzept, die Menschen zu verwahren und zu alimentieren", sagt der Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt. Asylbewerber würden isoliert und zur Untätigkeit verdammt.

Oft müssen Asylbewerber viele Monate warten, bis sie wissen, ob sie in Deutschland bleiben dürfen. Die Asylverfahren dauern derzeit im Schnitt sieben Monate, in vielen Fällen aber auch mehr als ein Jahr. Die Bundesregierung hat dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zwar schon 300 zusätzliche Stellen zugesprochen. 2015 sollen weitere dazukommen. Doch Auswahl und Einarbeitung ziehen sich hin. Bislang haben sich schon 145 000 Asylanträge angestaut, die abzuarbeiten sind.

Einige Städte und Gemeinden stellen inzwischen Zelte und Container auf, weil in regulären Flüchtlingsunterkünften kein Platz mehr ist. Experten beklagen generell, dass noch immer viele Asylbewerber in großen Gemeinschaftsunterkünften wohnen. Stattdessen sollten die Menschen öfter in normalen Wohnungen einquartiert werden.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber wurde zwar gerade erleichtert: Generell gilt nur noch drei und nicht mehr neun Monate ein absolutes Beschäftigungsverbot. Nach Ablauf dieser Frist bleibt aber eine weitere große Hürde: die "Vorrangprüfung". Dabei wird ermittelt, ob sich nicht auch ein geeigneter Bewerber mit deutschem oder EU-Pass für die jeweilige Stelle findet. Erst nach 15 Monaten fällt diese Prüfung weg. Die Sprachbarriere zu überwinden, ist ebenfalls schwer. Asylbewerber haben bislang keinen Zugang zu Integrationskursen. Das heißt, solange ihr Asylverfahren läuft - also oft über viele Monate - haben sie wenig Möglichkeiten, Deutsch zu lernen.

Die Schulpflicht in Deutschland gilt auch für Asylbewerber. Flüchtlingsorganisationen berichten, es gebe zum Teil aber Probleme, eine passende Schule zu finden. Viele Schulen fühlen sich überfordert, mit Kindern umzugehen, die geschundene Seelen haben und kein Wort Deutsch sprechen. Asylsuchende haben zwar Anspruch auf medizinische Versorgung, aber nur bei akuten Erkrankungen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort