Der treue Sorbe sitzt fest im Sattel

Stanislaw Tillich hat es wieder gepackt. Der CDU-Politiker und seine Partei sind nach dem "super Ergebnis" bei der gestrigen Landtagswahl sicher stärkste Kraft in Sachsen. Und so kann der Ministerpräsident wohl weiter in der Staatskanzlei in Dresden regieren.

Allerdings muss er sich dafür einen neuen Koalitionspartner suchen. Denn sein Wunschpartner, die bisher mitregierende FDP , ist aus dem Landtag geflogen.

Die Tendenz des Unions-Spitzenmanns geht Richtung Sozialdemokraten. Sie sind hinter den Linken drittstärkste Kraft geworden. Auch ein Bündnis mit Landtagsneuling AfD wäre möglich - zumindest rein rechnerisch. Dieses Bündnis schloss Tillich allerdings gestern im Fernsehen entschieden aus. "Wir werden uns einen Koalitionspartner suchen, mit dem wir auch gemeinsam für das Land etwas erreichen können. Und mit Sicherheit zählt dazu die AfD nicht."

Bliebe noch die Option, mit den Grünen zu koalieren. Ob sie als Partner infrage kämen, "müssen Gespräche zeigen", sagte Tillich gestern vielsagend. Das Problem: Es hängt nicht nur vom Wohlwollen der CDU ab, sondern auch davon, ob die NPD in den Landtag einzieht. Gestern am späten Abend schienen die Rechtsextremen die Fünf-Prozent-Hürde zu packen. Damit würde es für ein schwarz-grünes Bündnis nicht für eine Regierungsmehrheit im Parlament reichen.

Für Tillich ist die Landtagswahl und das Jonglieren mit dem Ergebnis die zweite große Bewährungsprobe, seit er 2008 den Ministerpräsidentenposten von seinem Parteifreund Georg Milbradt übernommen hat. Bereits bei der Wahl 2009 hatte er die seit 1990 andauernde CDU-Regentschaft erfolgreich verteidigt. Der 55-Jährige ist ein Mann der Harmonie. Der bodenständige Sorbe sucht nicht den großen Auftritt, erledigt seine Amtsgeschäfte geräuschlos, was ihm Kritiker gern als Profillosigkeit auslegen. Tatsächlich setzt Tillich bundespolitisch kaum Akzente.

Anders als seine Amtsvorgänger Milbradt und Kurt Biedenkopf (CDU ) ist Tillich kein Westimport. Er betont gern seine sächsische Herkunft und seine Verwurzelung in der sorbischen Heimat. Auch im aktuellen Wahlwerbespot der CDU gibt sich Tillich im roten Polohemd als heimatverbundener Landesvater.

Tillich wurde am 10. April 1959 im ostsächsischen Neudörfel geboren, mitten in der Lausitz zwischen Cottbus und Zittau , wo die slawische Minderheit der Sorben beheimatet ist. In Bautzen besuchte er ein sorbisches Gymnasium. Heute wohnt der Vater von zwei erwachsenen Kindern mit seiner Frau in dem 2200-Seelen-Dorf Panschwitz-Kuckau. In der katholischen Enklave nimmt Tillich auch an Bräuchen wie dem Osterreiten teil, bei dem Männer mit Frack und Zylinder hoch zu Ross die Auferstehung Christi verkünden.

Mit Tillich kehrte in der Landespolitik wieder Ruhe ein. Lediglich seine DDR-Vergangenheit sorgte kurzzeitig für Schlagzeilen. Gerade ein halbes Jahr im Amt, geriet der CDU-Politiker Ende 2008 wegen seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Rates des Kreises Kamenz , wo er im Wendejahr als Mitglied der damaligen DDR-Blockpartei CDU zuständig für Handel und Versorgung war, in die Kritik. Tillich räumte später ein, dass seine Funktion in der DDR-Verwaltung kein Ruhmesblatt gewesen sei.

Der Rummel hat ihm nicht geschadet. Und Sachsen steht unter seiner Führung gut da. So glänzt der Freistaat auch dank einer rigorosen Sparpolitik bundesweit mit der geringsten Pro-Kopf-Verschuldung. Für Diskussionen sorgte zuletzt aber der Lehrermangel, weshalb Tillich pro Jahr rund tausend Neueinstellungen an den Schulen versprach. Das ist schon mal Stoff für die anstehenden Koalitionsverhandlungen - mit wem auch immer.

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