Andreas L. soll nicht nur psychische Probleme gehabt haben – Massive Sehstörungen

Der Absturz der Germanwings-Maschine in den Alpen löst eine Welle der Spekulationen aus. Manches weist darauf hin, dass der Absturzort für den Co-Piloten schon in seiner Jugend eine wichtige Rolle spielte. Derweil versuchen Experten weiter, die Opfer zu identifizieren.

Kaum eine Woche nach dem verhängnisvollen Crash in den französischen Alpen konzentriert sich die plausibelste These zur Ursache bisher auf eine mögliche Verzweiflungstat des jungen Co-Piloten - auch wenn es weiterhin viele Fragen gibt. Je mehr Mosaiksteinchen sich ins bizarre Puzzle einfügen, umso erschreckender wird das Gesamtbild rund um den abgestürzten Airbus A320.

Dem jungen Co-Piloten aus Montabaur muss der Luftraum in der Absturzregion bekannt gewesen sein - er war in seiner Jugend dort unterwegs. Daran erinnern sich Flieger aus der Gegend. Einrichtungen wie der kleine Flugplatz Sisteron oder das Segelflugzentrum Puimuisson liegen gleich um die Ecke.

Seit gestern gibt es neue Hinweise, unter welchen gesundheitlichen Problemen Andreas L. plagten. Es waren offenbar gravierende Probleme - mit dem Potenzial, seinen Lebenstraum zu zerstören. Denn der Pilotenberuf ist nur ein Beruf auf Zeit - bis zum nächsten Eignungstest.

L. hatte psychische Probleme. Darauf deuten mehrere Krankschreibungen verschiedener Ärzte. Zudem wurden, wie die "Bild am Sonntag " (BamS) berichtete, in seiner Wohnung in Düsseldorf ungeöffnete Psychopharmaka gefunden, die nahelegen, dass der Co-Pilot seine Medikamente abgesetzt hatte. Darüber wird man erst mehr erfahren, wenn die Leichenteile, die gestern gefunden wurden, untersucht sind. Aufzeichnungen aus der Wohnung von L. belegen zudem, dass der 27-Jährige sein Gefühl der Überlastung und von Depressionen dokumentiert hat.

Darüber hinaus ist er nach Informationen unserer Zeitung wegen einer Augenerkrankung im Uniklinikum Düsseldorf untersucht worden. Er soll unter Sehstörungen gelitten haben. Eine Netzhautablösung soll aber nicht gedroht haben, wie die BamS spekuliert hatte. Ob die Erkrankung die Flugtauglichkeit eingeschränkt hätte und der Co-Pilot die Berufsunfähigkeit befürchten musste, ist offen. Schon beim nächsten Gesundheitscheck im Juni hätte ihm aber eine längere Auszeit drohen können.

Die Freundin von L., eine Lehrerin in Nordrhein-Westfalen, wurde inzwischen von der Polizei vernommen, wie die "BamS" berichtet. Ihren Schülern soll sie erst vor wenigen Wochen gesagt haben, sie sei schwanger. Seit einigen Wochen soll es nach Informationen unserer Zeitung zwischen ihr und Andreas L. heftig gekriselt haben. Die Lehrerin hielt angeblich schon nach einer eigenen Wohnung Ausschau. Es wird vermutet, dass sein Kontrollwahn und eine Affäre von ihm Gründe für die mögliche Trennung gewesen sein könnten.

Die Untersuchung des Unglücks steht erst am Anfang, werden die Ermittler nicht müde zu betonen - und warnen vor vorschnellen Schlüssen. Erst die Datenfülle des zweiten, bis Sonntag nicht gefundenen Elements der Blackbox - des Flugdatenschreibers - wird letztlich Klarheit bieten können, warum der Airbus unvermittelt acht Minuten lang in einen stabilen Sinkflug ins Chaos überging. Nach ersten Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Marseille hatte der Co-Pilot den Bordcomputer dafür entsprechend programmiert.

Der Pilot hat offenbar verzweifelt versucht, die Cockpit-Tür zu öffnen. Auf dem Stimmenrekorder ist den Ermittlern zufolge ein lauter Knall zu hören - so als ob jemand versuche, die Tür zu öffnen. Dann hört man die Stimme des Kapitäns: "Um Gottes willen, mach die Tür auf!" Und später noch einmal die Aufforderung: "Mach die verdammte Tür auf." Als Letztes hört man die Schreie der Passagiere. Dann gibt es einen Knall und das Band endet.

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