Auf und Ab eines Grenzgängers

München/Bozen · Er polarisiert. Reinhold Messner hat Rekorde gebrochen, neue Grenzerfahrungen gesucht und seine Positionen kompromisslos vertreten. Mit einem Buch beschenkt er sich nun selbst zum 70. Geburtstag.

 Reinhold Messner feiert heute seinen 70. Geburtstag. Der Südtiroler bestieg zig Gipfel. Im unteren Bild ließ er sich 1984 auf einer Wiese inmitten von Bergen ablichten. Fotos: Kugler,dpa/Sven Simon

Reinhold Messner feiert heute seinen 70. Geburtstag. Der Südtiroler bestieg zig Gipfel. Im unteren Bild ließ er sich 1984 auf einer Wiese inmitten von Bergen ablichten. Fotos: Kugler,dpa/Sven Simon

Als Fünfjähriger stand er auf seinem ersten Dreitausender. Gut 35 Jahre später hatte er als erster Mensch alle 14 Achttausender der Welt bestiegen. Er schaffte mit Peter Habeler erstmals den Mount Everest ohne Sauerstoff und später im Alleingang. Reinhold Messner hat Alpingeschichte geschrieben. Fans bewundern seinen eisernen Willen, seinen grenzgängerischen Wagemut und seine Leistungen. Kritiker werfen ihm überhöhten Ehrgeiz und Egoismus vor. Extrem. Das kennzeichnet sein Leben. Heute wird er 70 Jahre alt. Feiern will er an einem anderen Tag: mit hundert Gästen und Biwak auf der Alm.

Auf hohe Berge steigt der Südtiroler immer noch. Seine Schwerpunkte liegen aber woanders. "Das Reisen ist nicht mehr im Zentrum meines Lebens." Seine Projekte stehen eher unter der Überschrift: erzählen, vermitteln und darstellen - oft sich selbst und seine Abenteuer. Er schrieb Bücher , schulte Manager, schuf ein Museumsprojekt. Seinen "15. Achttausender" nannte er das "Messner Mountain Museum". An fünf Orten befasst er sich mit Bergvölkern und Bergsteigen, dem Verhältnis zwischen Mensch und Berg, wie er sagt. Seit Jahren liebäugelt er zudem mit dem Film. Er wolle "den Berg als Hauptdarsteller auf die Leinwand" bannen.

Ein neues Buch gibt es auch: Mit 70 Begriffen stellt Messner sich und sein Leben dar. "Über Leben" ist der Titel für mehr als 300 Seiten, mit denen er sich selbst zum Geburtstag gratuliert. "Wir trafen uns zu den Mahlzeiten in der Wohnküche, so wie sich Steinzeitclans an Lagerfeuerplätzen trafen", schreibt er über seine Kindheit im Villnößtal und zitiert traditionelle Gesellschaften, in denen Kinder sich noch frei entwickeln können - wie er und seine acht Geschwister. Es folgen Szenen von Extremtouren: Eis, Steinschlag, Sturm, Bedrohung - Grenzsituationen. Messner nennt sich selbst Grenzgänger.

Messner schildert auch das Verhältnis zu seinem Bruder Günther, mit dem er früh schwierigste Routen kletterte. 1970 durchstiegen die Brüder als erste Expeditionsteilnehmer die Rupalwand am Nanga Parbat , die höchste Steilwand der Welt. Günther starb dabei. Der Verlust prägte Messners Leben. "Die Nanga-Parbat-Tragödie bleibt wie ein Riss in meinem Leben", schreibt er. Rechtsstreitigkeiten folgten, Messner wurde vorgeworfen, er habe seinen Bruder im Stich gelassen. Messner sagt bis heute: "Es ist und bleibt eine Rufmordgeschichte."

Messner und seine Generation veränderten in den 1970er und 1980er Jahren das Bergsteigen. Messner kritisierte von nationalem Ehrgeiz getriebene "Gipfelsiege" - der Berg sei schließlich kein Feind - und propagierte ein Bergsteigen nur für sich selbst. Mit dem Verzicht auf Expeditionstross, Fixseile und Flaschensauerstoff prägten er und andere damals den Alpinstil. Nach den kaum zu übertreffenden Erfolgen im Höhenbergsteigen suchte Messner neue Ziele. Er durchquerte die Antarktis, Grönland und die Wüste Gobi. Und setze sich als Kommunikationstalent selbst in Szene.

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