Cottbus ist die Hauptstadt der Blitze

Karlsruhe/Cottbus · Werben will Cottbus mit dem Titel nicht. Die Stadt kann aber von sich behaupten, 2014 die meisten Blitzeinschläge angezogen zu haben. Der ernste Hintergrund: Blitzdaten sind für Unwetterwarnungen wichtig.

Deutschlands Gewitterhauptstadt zu sein, ist eine eher zufällige und flüchtige Ehre. Eine gefährliche dazu. 2014 schlugen nirgendwo mehr Blitze pro Quadratkilometer ein als in der brandenburgischen Stadt - 8,4 waren es rechnerisch. Doch schon in diesem Jahr wird Cottbus in dem regelmäßig vom Konzern Siemens erstellten Ranking wohl keine auffällige Rolle mehr spielen. "Das ist der Wetterlage geschuldet", sagt der Sprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD), Andreas Friedrich, gestern. Auch dass Aurich in Ostfriesland seine Position als Schlusslicht der Blitzeinschläge gemeinsam mit dem niederbayerischen Passau verteidigen kann, ist nicht wahrscheinlich.

Was wie eine statistische Spielerei daherkommt, hat einen ernsten Hintergrund. Die Daten zeigen jeden Blitz, der die Erde, ein Gebäude, einen Mast oder einen Baum berührt hat, sehr schnell auf einer Karte an. Das nutzen Unternehmen, um Schäden einschätzen und beheben zu können, etwa Energieversorger oder Versicherer.

Die Versicherungen in Deutschland mussten 2014 nach vorläufigen Zahlen rund 340 Millionen Euro ausgeben, um Schäden durch Blitzeinschlag zu regulieren, deutlich mehr als im Vorjahr, aber nicht mehr als zum Beispiel im Jahr 2006. Die Zahl der Schäden stieg nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV) von 2013 auf 2014 um rund 90 000 auf 410 000 Fälle.

Ob es in Cottbus mehr als sonst geblitzt hat und die Feuerwehr deswegen häufiger ausrücken musste, sei der Stadtverwaltung gar nicht bekannt, sagt Sprecher Jan Gloßmann. Ein Zeichen des Himmels war aber unüberhörbar: Im Rekordjahr schlug es krachend direkt in eine Feuerwache ein.

Mischt der Klimawandel mit? Jedenfalls nicht sichtbar. Die jährlichen Zahlen schwanken stark. 2007 gab es deutlich über eine Million Einschläge in Deutschland, 2013 nicht einmal 550 000. Im letzten Jahr stieg die Zahl der Einschläge wieder auf knapp 623 000. "Das hat nichts mit dem Klimawandel zu tun", sagt Friedrich. Gewitter werden künftig nicht unbedingt häufiger. Im Sommer soll es den Modellen zufolge sogar trockener werden und längere Hitzeperioden geben. Aber: "Wenn es Gewitter gibt, können sie heftiger ausfallen." Der Grund ist, dass eine wärmere Atmosphäre mehr Energie speichert.

Für Aussagen über das Klima werden mindestens Zeiträume von 30 Jahren betrachtet. Siemens liegen vergleichbare Daten seit 1999 vor. Der Leiter des Blitz-Informationsdienstes, Stephan Thern, sagt, allgemeine Trends seien nicht erkennbar. Grundsätzlich gibt es im Bereich der Mittelgebirge und am Alpenrand mehr Gewitter als im Flachland, sagt Friedrich. Als eine Hochburg gilt der Südwesten. 2014 war nach Therns Angaben eine Ausnahme mit dem Zentrum der Gewitteraktivitäten weiter nördlich. Im Saarland hat es 3378 Mal eingeschlagen. Mit 1,31 Einschlägen pro Quadratkilometer liegt es auf Platz elf im Vergleich der Bundesländer.

Eine regionale Auswertung für das laufende Jahr hat Thern noch nicht gemacht. Die Frage, welcher Landkreis oder welche Stadt Cottbus den Titel streitig machen wird, muss daher vorläufig offen bleiben. Klar ist aber: Die Zahl der Blitzeinschläge wird deutlich steigen. "Wir haben jetzt schon die Werte von 2014 erreicht."

Zum Thema:

Meist blitzt es in den Wolken, seltener zwischen Himmel und Erde. In Deutschland werden jedes Jahr insgesamt mehr als zwei Millionen Blitze registriert. Ein Gewitter entsteht bei großen Temperaturunterschieden in der Atmosphäre, oder wenn Luftmassen mit sehr unterschiedlichen Temperaturen aufeinandertreffen. Das heftige Auf und Ab von Wasser- und Eisteilchen in der Gewitterwolke führt zu einer Polarisierung der natürlichen Luftelektrizität. Während im oberen Teil der Wolke die positive elektrische Ladung zunimmt, reichert sich die negative Ladung an der Wolkenunterseite an. Das immer stärker werdende elektrische Spannungsfeld entlädt sich - einem Kurzschluss vergleichbar - schließlich in einem Blitz. dpa

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