Monate in Todesangst für den festen Glauben

Rom · Sie verlässt das Flugzeug im schwarzen Kleid, hochgeschlossen, ihre Tochter Maya auf dem Arm. Ein stilles Lächeln steht im Gesicht der 27-Jährigen, als könne sie ihr Glück gar nicht fassen. Gestern landete die sudanesische Christin Mariam Jahia Ibrahim Ishak mit ihrem Mann und den zwei Kindern überraschend in Rom . Es war eine Befreiung nach monatelanger Todesangst.Im Mai war Ibrahim, damals hochschwanger mit ihrem zweiten Kind, wegen Abfalls vom islamischen Glauben zum Tod verurteilt worden.

Ihre Tochter gebar sie im Gefängnis, ohne medizinische Hilfe und in Fußketten. Auch ihr kleiner Sohn Martin lebte bei ihr in der Zelle. Ibrahim ist Katholikin. Ihr Vater, ein Muslim, hatte die Familie verlassen. So wuchs sie bei ihrer aus Äthiopien stammenden Mutter und mit deren Glauben auf. 2013 wurde die junge Frau verhaftet, ein Verwandter hatte sie angezeigt. Die richterliche Aufforderung, zum Islam zurückzukehren, wies Ibrahim zurück. Die Geburt ihrer Tochter Ende Mai schien einen Aufschub zu gewähren, denn nach Angaben von Menschenrechtlern sieht das sudanesische Strafgesetzbuch vor, dass eine zum Tode verurteilte Mutter ihr Neugeborenes zwei Jahre lang versorgen kann, ehe das Urteil vollstreckt wird. Im Sudan ist der Islam Staatsreligion, die Verfassung gebietet jedoch die Achtung anderer Religionen.

Weltweit löste das Todesurteil einen Proteststurm aus. Deutschland forderte die sudanesische Regierung zusammen mit den Niederlanden, Großbritannien und den USA auf, ihre internationalen Verpflichtungen zur Achtung der Menschenrechte einzuhalten. Die britische Regierung nannte das Urteil barbarisch. Spitzenvertreter der Kirchen in Deutschland pochten auf Religionsfreiheit. Amnesty International startete eine Kampagne für Ibrahim, binnen weniger Tage unterzeichneten mehr als 650 000 Menschen eine Petition für die Aufhebung des Urteils.

Am Ende zeigte der geballte internationale Druck offenbar Wirkung, ein Berufungsgericht sprach Ibrahim Ende Juni frei. Doch die Behörden machten ihr weiter Schwierigkeiten, nahmen sie wegen angeblicher Passfälschung fest und hinderten sie an der Ausreise. Ende Juni fand die junge Mutter schließlich Zuflucht in der US-Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Ihr Ehemann, ein Christ aus dem Südsudan, besitzt die Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten. Die Familie will demnächst in die USA weiterreisen.

Beim Zwischenstopp in Rom brandete Ibrahim eine Welle der Sympathie entgegen. Ministerpräsident Matteo Renzi und Außenministerin Federica Mogherini begrüßten sie am Flughafen, anschließend ging es ins Gästehaus des Vatikan zu einer Privataudienz bei Papst Franziskus. Der Pontifex habe die junge Frau mit "großer Freude" begrüßt und ihr für das "Glaubenszeugnis" gedankt, sagte ein Sprecher. Die Zusammenkunft solle ein "Zeichen der Verbundenheit" mit all jenen sein, die wegen ihres Glaubens bedrängt würden. Für Ibrahim war es der Schlusspunkt einer langen Leidensgeschichte.

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