Mohammed Deif, Staatsfeind Nummer 1

Jerusalem · Mindestens sechs Mal hat Israel versucht, ihn umzubringen, mindestens sechs Mal ist Mohammed Deif entkommen. Doch so knapp wie diesmal war es wohl noch nie. Bei der Bombardierung des Hauses, in dem Deif vermutet wurde, starben am Dienstagabend seine 28 Jahre alte Ehefrau und sein erst wenige Monate alter Sohn sowie zwei weitere Menschen.

Ob Deif selbst den Exekutionsversuch überlebte, blieb zunächst unklar, ist aber wahrscheinlich. Eine seiner Schwestern sowie seine Schwiegermutter sagten, er sei am Leben. Auch die Hamas dementierte, dass Deif getötet worden sei.

Seit Jahren steht Deif ganz oben auf der Abschussliste des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Beth. Der Chef des militärischen Hamas-Arms, der Al-Kassam-Brigaden, gilt für die Raketenangriffe verantwortlich und für den Bau der geheimen Tunnel. Im Gazastreifen ist er ein Held, für die Israelis die Verkörperung alles Bösen. Er ist "ein toter Mann", erklärte jüngst Israels Finanzminister Jair Lapid. Mit seltener Überstimmung stützte auch gestern die Koalition von Regierungschef Benjamin Netanjahu den erneuten Versuch, Deif zu töten. "Die gezielte Exekution von Terroristen ist nicht nur legitim, sondern wünschenswert", kommentierte sogar Justizministerin Zipi Livni, die den linken Flügel der Regierung repräsentiert.

Bei den Exekutionsversuchen der Luftwaffe zog sich Deif in den vergangenen Jahren schwere Verletzungen im Gesicht und am Rücken zu. Er sitzt im Rollstuhl und tritt während seiner seltenen Auftritte als Schatten vor die Kamera. Deif meidet die Öffentlichkeit. Gewöhnlich lässt der militärische Hamas-Flügel seine Botschaften von einem maskierten Sprecher lesen.

Der 1962 geborene Deif stammt aus Khan Younis im südlichen Gazastreifen . Von dort kommt auch der frühere Chef des Geheimdienstes der gemäßigteren Fatah , Mohammad Dahlan, den mit Deif über Jahre eine enge Freundschaft verband. Spätestens mit der gewaltvollen Machtübernahme der Hamas über den Gazastreifen war die Freundschaft aus. Dahlans Geheimdienst gehörte zu den ersten Fatahtruppen, die unter dem Kommando von Deif im Sommer 2007 brutal aus dem Gazastreifen vertrieben wurden.

Das Handwerk, Bomben zu bauen, lernte Deif von Ichijeh Ajasch, dem berüchtigten "Ingenieur", der Anfang 1996 selbst durch einen Sprengsatz ums Leben kam. Der israelische Geheimdienst hatte den Hörer seines Telefons mit einem tödlichen Päckchen präparieren lassen. Auf Deifs Kommando hin verübte die Hamas nach dem Tod Ajaschs eine Serie blutiger Vergeltungsanschläge, bei denen Dutzende Israelis getötet wurden.

Chef der Al-Kassam-Brigaden wurde Deif vermutlich erst im Sommer 2002, als Salach Schehade bei einem gezielten Bombenangriff getötet wurde. "Heute habt Ihr die Hölle von Gaza verlassen", kommentierte er drei Jahre später den Abzug Israels aus dem Gazastreifen , und warnte: "Ganz Palästina wird Euch zur Hölle werden." Sein Brigaden seien bereit für den Heiligen Krieg, zu dem es keine Alternative gäbe. Palästina und Jerusalem "ist unser". Israel habe kein Recht auf nur einen Zentimeter davon.

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