Willkürlich und unfair

Abgeschirmt von der Öffentlichkeit haben Bund und Länder begonnen, ihre Finanzbeziehungen neu zu ordnen. Es gibt derzeit kaum ein Thema, bei dem öffentliche Wahrnehmung und tatsächliche Bedeutung so weit auseinanderklaffen.

Für das Saarland geht es um fast alles: darum, ob es finanziell jemals wieder auf eigene Beine kommt und damit seine Existenz dauerhaft sichern kann.

Das Hauptproblem des Landes sind der riesige Schuldenberg und die daraus resultierenden Zinslasten. Ohne Teilentschuldung hat das Land keine Chance. Bayerns Regierung macht es sich viel zu einfach, wenn sie auf der Eigenverantwortung herumreitet. Die Wirtschaft im Freistaat hatte nie einen von Subventionen abhängigen Montankern, sondern mit dem Großraum München eine pulsierende Wachstumsregion, die seit Jahrzehnten das ganze Bundesland nach oben zieht. Dass ein Großteil der Verschuldung des Saarlandes wegen des Strukturwandels gerade nicht auf die Kappe spendierfreudiger Landespolitiker geht, was bereits 1992 das Bundesverfassungsgericht festgestellt hatte, interessiert in Bayern wohl niemanden.

Wer sich die Geldströme im deutschen Finanzföderalismus ansieht, erkennt schnell, wo die großen Beträge hingehen. Auch 24 Jahre nach der Wiedervereinigung ist der Osten der große Profiteur des Systems; die Beträge für das Saarland sind kaum der Rede wert. Es mutet daher fast unverschämt an, wenn ausgerechnet ostdeutsche Länder, die sich ihren Haushalt zu großen Teilen von anderen finanzieren lassen, eine Teilentschuldung des Saarlandes ablehnen. Dass nach wie vor jedes Jahr Milliarden Euro Richtung Osten fließen, während hierzulande Geld für Straßen, Schulen und Krankenhäuser fehlt, ist nicht mehr zu rechtfertigen.

Das Bund-Länder-Finanzsystem ist intransparent, mitunter unfair. Einige Wirkungen sind geradezu grotesk. So steht das Saarland wirtschaftlich recht gut da, wird bei der Verteilung der Steuern aber massiv benachteiligt und erst dadurch zum Bittsteller im Finanzausgleich . Die Finanzkraft der Kommunen wird willkürlich nur zu 64 Prozent berücksichtigt, obwohl die Gemeinden Teil der Länder sind. Die Ausgleichswirkungen der verschiedenen Stufen des Finanzausgleichs heben sich zum Teil sogar gegenseitig auf, sodass einige Länder nominell zwar Nehmerländer sind, unter Berücksichtigung aller Transfers aber eigentlich Geberländer.

Bei diesem System ist es mit kosmetischen Korrekturen nicht getan. Es wird Zeit für eine Reform an Haupt und Gliedern. Selten waren die Voraussetzungen für das Saarland so gut; immerhin sitzen in Berlin zwei Bundesminister am Kabinettstisch. Die Finanzreform wird daher auch zur Nagelprobe, wie weit ihr Einfluss wirklich reicht.

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