Das Krebsgeschwür

Nach zähem Ringen hat sich der Westen dazu aufgerafft, im zertrümmerten Irak einen Teil jener Scherben aufzusammeln, die er mit zu verantworten hat. Der Westen, das sind vor allem die Vereinigten Staaten und Europa.

Nun bombardiert die US-Armee also Stützpunkte der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS), während einige europäische Länder und bald auch Deutschland Waffensysteme an kurdische Einheiten liefern. Damit diese zumindest ihr Leben und ein Quantum Freiheit verteidigen können. Von Demokratie und Rechtstaatlichkeit ist dort schon lange keine Rede mehr, eine zuweilen aufkeimende Illusion darüber wird von den zahllosen Selbstmordattentätern zwischen Euphrat und Tigris regelmäßig in die Luft gesprengt.

Um wenigstens ansatzweise verstehen zu können, um was es in diesem vermaledeiten Stück Erde eigentlich geht, muss man wissen, dass dort Moslems gegen Moslems kämpfen, Sunniten gegen Schiiten, Salafisten gegen Christen und alle möglichen "Ungläubigen". Muss man wissen, dass die blutrünstig marodierenden IS-Terroristen finanziell und logistisch von Saudi-Arabien und Katar unterstützt werden. Also von jenen orthodoxen Regimen, die ausgezeichnete Beziehungen zu den USA und Europa unterhalten. Wer darin paradoxe Züge erkennen will - liegt absolut richtig. Washington pflegt zum saudischen Königshaus seit Jahrzehnten beste Kontakte, auch mit dem Emirat Katar versteht man sich blendend, Amerika hat dort sein Hauptquartier "Centcom", das wichtigste Regionalkommando der US-Streitkräfte. Übrigens unterstützt der milliardenschwere Emir von Katar auch die palästinensische Terrortruppe Hamas , deren Führer in Doha Gastfreundschaft genießen. Jene Hamas also, die unentwegt Amerikas besten Freund Israel attackiert. Wem das noch nicht reicht: Auch Deutschland ist eng mit Katar verbunden, die Scheichs von Doha sind Anteilseigner der Deutschen Bank und beim Volkswagenkonzern. Und weil sie so reich sind, dürfen sie auch die Fußball-WM 2022 ausrichten.

Wenn US-Präsident Barack Obama jetzt scheinbar energisch das "Krebsgeschwür" Terrorismus ausmerzen will, tut er das aus nackter Not. Der Vormarsch der IS im Irak könnte für ihn zum Super-Gau werden, denn zunehmend wird Obama in Kriege hineingezogen, die er eigentlich beenden wollte. Gleichwohl bleibt es ein großes Geheimnis, weshalb in Amerika und Europa nicht die richtigen Fragen gestellt werden: Warum die Geheimdienste in Nahost so oft versagen. Warum Washington, das sich ja wieder als Supermacht versteht, die Helfershelfer der Terroristen nicht stoppt. Warum also der scheinheilige Friedensnobelpreisträger Barack Obama das Übel nicht an der Wurzel packt: in Doha und Riad.

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