Protz-Bischof zwingt Limburg zum Kassensturz

Limburg · Die kleine Michaelskapelle auf dem Limburger Domberg strahlt weder Pomp noch Protz aus. Nüchtern präsentieren hier Pfarrer Wolfgang Rösch und Finanzdezernent Gordon Sobbeck ein umfangreiches Zahlenwerk zum Vermögen des Bistums.

Sie wollen damit wieder Vertrauen schaffen, das im Finanzskandal um den als Protz-Bischof verspotteten früheren Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst verloren gegangen ist. Doch wie sehr der Skandal die Kirche belastet, zeigen am Freitag andere Zahlen: Zehntausende Katholiken kehrten ihr vergangenes Jahr den Rücken. "Das wichtigste Kapital der Kirche ist das Vertrauen der Menschen", sagt Rösch, der in Limburg nach dem Abgang von Tebartz-van Elst als ständiger Vertreter des apostolischen Administrators die Verwaltung führt.

Zum ersten Mal werde die finanzielle Lage des Bistums in diesem Umfang dargestellt. Röschs Botschaft ist klar: Die Kirche will gerade mit Offenheit in Finanzfragen wieder bei den Menschen punkten. Finanzdezernent Sobbeck präsentiert ausführlich die Bilanz des Bistums, wirft Tabellen und Grafiken an die Wand der Kapelle, um das Vermögen der Kirche darzustellen. Auf 909 Millionen beläuft sich die Bilanzsumme, wovon mit 811 Millionen Euro der größte Teil in Anlagevermögen gebunden ist. Auch Verpflichtungen und Vorsorgepositionen listet Sobbeck auf: So weist etwa allein ein Versorgungsfonds zur Sicherung der Altersversorgungsansprüche von Geistlichen, Beamten und Pfarrhaushälterinnen ein Volumen von 204 Millionen Euro auf. Eingenommen hat das Bistum Limburg 2013 rund 191 Millionen Euro als Kirchensteuer. Davon floss mit 109 Millionen Euro mehr als die Hälfte in die Seelsorge der Pfarreien.

Doch Sobbeck weiß auch, dass diese Gelder künftig weniger werden. Tendenziell verringere sich die Zahl der Katholiken und lasse damit das Kirchensteueraufkommen sinken, erläutert er. Die jüngsten Zahlen zu den Kirchenaustritten sprechen eine deutliche Sprache: Im Bistum Limburg verließen vergangenes Jahr 7980 Frauen und Männer die katholische Kirche, 3527 mehr als im Vorjahr. "Die hohe Zahl an Kirchenaustritten ist eine erschütternde Realität, die uns zeigt, wie wir das Vertrauen vieler Menschen verloren haben", erklärt der Weihbischof und apostolische Administrator Manfred Grothe. Die katholische Kirche verlor auch in ganz Deutschland Mitglieder. Laut der jüngsten Kirchenstatistik der Deutschen Bischofskonferenz stieg erstmals seit mehreren Jahren die Zahl der Kirchenaustritte wieder an - und zwar sprunghaft von 118 335 im Jahr 2012 auf 178 805 im vergangenen Jahr.

Symbol für den Vertrauensverlust der katholischen Kirche dürfte für viele Menschen der neue Bischofssitz in Limburg sein. Die Kosten dafür waren auf zuletzt 31,5 Millionen Euro gestiegen. Eine kircheninterne Prüfung zeigte schwere Fehler bei dem Bau und dessen Finanzierung auf. Papst Franziskus nahm deshalb Ende März das Rücktrittsgesuch des bereits zuvor als Bischof suspendierten Tebartz-van Elst an.

Und sein Nachfolger, Pfarrer Rösch, ist offensichtlich trotz des Skandals nicht gewillt, sich allzu sehr von Tebartz-van Elst abzugrenzen. Dieser will demnächst nach Regensburg ziehen. Er wünsche sich sehr, dass dies für den früheren Bischof und auch für das Bistum einen Neuanfang bedeute, sagt Rösch. Der Neustart dürfte so nicht einfach werden.

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