„Chance für einen Neuanfang“

Saarbrücken · Ein Ersatz für die Bürgerarbeit ist noch nicht in Sicht. Der Sozialverband VdK Saarland und die Linksfraktion im Landtag setzen sich unabhängig voneinander für öffentlich geförderte und vollwertige Arbeitsplätze ein.

 Die Bürgerarbeit – hier in einem Sozialkaufhaus in Völklingen – läuft Ende 2014 aus. Foto: Jenal

Die Bürgerarbeit – hier in einem Sozialkaufhaus in Völklingen – läuft Ende 2014 aus. Foto: Jenal

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Der Druck, einen dauerhaft öffentlich geförderten Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose einzurichten, wächst beständig. Gestern preschten - unabhängig voneinander - der Sozialverband VdK Saarland und die Linken-Fraktion im Saar-Landtag (Arbeitstitel "Saar.sozial") mit Positionspapieren vor. Hintergrund ist der Wegfall der Bürgerarbeit Ende des Jahres. Rund 1600 Menschen sind im Saarland als Bürgerarbeiter beschäftigt. Sie stehen spätestens ab Januar vor dem Nichts.

"Das ist ein Skandal", sagt der VdK-Landesvorsitzende Armin Lang. "Arbeit ist im Überfluss vorhanden, ohne dass reguläre Unternehmen Aufträge verlieren." Er nennt beispielsweise die Pflege der öffentlichen Infrastruktur wie das Säubern von Fahrrad oder Wanderwegen, aber auch Service-Dienste für benachteiligte Menschen. Die Linksfraktion will, dass "gezielt in den Bereich der Daseinsvorsorge investiert wird" - wie beispielsweise in Schulen und Krankenhäuser, die Betreuung von Kindern und Älteren oder die Sicherung von Mobilität (Busbegleiter). Wenn eine Qualifizierung notwendig ist, sollen so genannte Job-Coaches eingesetzt werden.

Sowohl die Linken als auch der VdK fordern, dass die öffentlich geförderten Jobs unbefristete Vollarbeitsplätze sein sollen. Das bedeutet auch, dass Geld in die Arbeitslosenversicherung fließt, was bei der Bürgerarbeit nicht der Fall ist. Dadurch rutschen diese Menschen derzeit wieder in Hartz IV zurück, wenn die Maßnahme ausläuft. Das Einkommen soll dem Mindestlohn von 8,50 Euro entsprechen, fordern die Linken. Außerdem dürfe kein Zwang auf die Menschen ausgeübt werden, eine bestimmte Tätigkeit anzunehmen. "Wir sollten jetzt die Chance für einen Neuanfang nutzen", regt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Linksfraktion, Heinz Bierbaum, an.

Beide Organisationen sprechen sich auch dafür aus, einen Teil der Mehrkosten dadurch zu finanzieren, dass der so genannte Passiv-Aktiv-Transfer ermöglicht wird. Dieser Forderung liegt der Gedanke zugrunde, dass Langzeitarbeitslose , die sowieso Leistungen aus Hartz IV beziehen, für dieses Geld in sozialen Projekten beschäftigt werden und nicht zuhause zur Untätigkeit verdammt sind. Lang will, dass das Saarland im Bundesrat aktiv wird, um den Passiv-Aktiv-Transfer zu ermöglichen. Dadurch könnten die Jobcenter in eigener Kompetenz entscheiden, wie sie ihre Mittel einsetzen. Dann könnte das Saarland "Testregion für den sozialen Arbeitsmarkt werden".

Bierbaum will, dass das Saarland vorprescht "und umgehend ein Modellprojekt ohne den Segen des Bundesarbeitsministeriums einleitet". Dies habe Baden-Württemberg im Jahr 2012 gemacht und trotz des Ärgers mit dem Arbeitsministerium erreicht, "dass der Ansatz zumindest geduldet wurde". Das Land strebt auch eine Modellregion Saar für den Passiv-Aktiv-Transfer an, biss sich in Berlin allerdings bislang die Zähne aus. Wie groß die Zahl derer ist, die kaum noch Chancen auf eine reguläre Beschäftigung haben, ist offen. Der VdK zählt mindestens 16 000 Langzeitarbeitslose im Saarland auf - "jenseits der geschönten Statistik".

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