Ärger im Autoparadies China

Peking · Es ist eine Erfolgsgeschichte – seit Jahren. Nirgendwo verdienen Autohersteller mehr Geld als in China. Und deshalb halten sie auch still, wenn nun Chinas Wettbewerbshüter – ohne Belege – Kartellverstöße wittern.

Für Autohersteller ist China das Paradies schlechthin, zweistellige Wachstumszahlen inbegriffen. Allein in den vergangenen sieben Monaten wurden in China mehr als zehn Millionen Autos verkauft. Besonders im Premiumsegment und damit für die deutschen Autokonzerne liefen die Geschäfte rund. Doch nun klopfen Chinas Wettbewerbshüter an - und die Automobilbranche gibt sich brav. Wer will sich schon die große Schatzkiste verschließen?

Bereits seit Wochen geht die mächtige Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) gegen die Autobauer vor. Zusammen mit dem Handelsministerium und den regionalen Preisämtern wacht die Behörde über die Anti-Monopol-Gesetze. Der Vorwurf: Die Unternehmen missbrauchten ihre marktbeherrschende Stellung. Bei Razzien quer durch China wollen sie Beweise für geheime Preisabsprachen bei Audi, BMW , Daimler und anderen westlichen Autokonzernen gefunden haben. Öffentlich präsentiert haben sie nichts. Stattdessen gibt es Strafen. Aktuell trifft es japanische Autozulieferer. Zwölf Unternehmen, unter ihnen Mitsubishi Electric, Denso, Hitachi, müssen wegen Preisabsprachen umgerechnet 151 Millionen Euro zahlen. In Kürze wird auch gegen Audi eine Strafe erwartet. Nach Medienberichten könnte den Konzern ein zweistelliger Millionen-Euro-Betrag erwarten. Vergangene Woche hatten die Wettbewerbshüter bereits Strafen in Höhe von knapp 200 000 Euro gegen BMW- Händler verhängt.

Chinesische Monopolgesetze gelten seit 2008. Bei Verstößen dürfen die Behörden Bußgelder gegen einen Konzern in Höhe von ein bis zehn Prozent seines Vorjahresumsatzes verhängen. 80 Branchen durchleuchtet der NDRC mit seinen 46 Beamten und 150 regionalen Mitarbeitern. Im Fokus stehen, trotz Aussagen der Behörden, es gehe "fair und objektiv" zu, vor allem ausländische Firmen. Damit stärken die Behörden rein chinesische Unternehmen und besänftigen in Zeiten des schleppenden Wirtschaftswachstums auch chinesische Konsumenten. "Seht her", rufen sie geradezu, "die Westler können nun auch nicht mehr schalten und walten, wie sie wollen."

Wie sehr die Kontrollen die Unternehmen aus der Bahn werfen, sagen ihre Sprecher nicht. Sie verweisen stets auf laufende Ermittlungen - und zeigen sich äußerst kooperativ. Gleich nach den ersten Überprüfungen setzten die deutschen Autobauer ihre Preise für Service und Ersatzteile herunter. Den Kunden würden die Teile überteuert angerechnet, sagte ein Preiskontrolleur und sprach von einem "extrem unnormalen Phänomen". Ersatzteile für die in China hergestellte C-Klasse hätte der Daimler-Konzern in der ostchinesischen Provinz Jiangsu gar um 1273 Prozent überteuert verkauft. Der Konzern reagierte prompt. Schon ab September wollen die Stuttgarter ihre Preise für ausgewählte Ersatzteile um durchschnittlich 15 Prozent senken. Ein Zugeständnis an den immer noch um knapp zehn Prozent jährlich wachsenden chinesischen Automarkt.

80 Milliarden Euro werden die Autohersteller 2020 weltweit verdienen, prognostiziert McKinsey . 40 Prozent davon sollen aus China kommen. Bereits jetzt macht VW in China 42 Prozent des Gesamtumsatzes seiner Hauptmarke. Bei BMW liegt der Anteil des China-Geschäfts bei 20 Prozent, Audi verkauft 30 Prozent seiner Oberklassewagen an Chinesen, Daimler 15 Prozent.

Doch mit dem Schritt der Kartellwächter brechen neue Zeiten an. Das bequeme Geldverdienen, als Luxuswagen von Audi, BMW und Mercedes in China mehr Profit abwarfen als in Europa und den USA, scheint vorbei. Denn das Ersatzteilgeschäft ist nur der erste Schritt der Kartellbehörde. Die will ihre Untersuchungen noch ausweiten.

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