Ratgeber Kein eSports-Team für den BVB!

Deutliche Worte fand BVB-Chef Hans-Joachim Watzke Ende November auf der Jahreshauptversammlung seines börsennotierten Klubs auf die Frage, ob sich die Borussia künftig wie andere Topteams aus dem Fußball im eSports engagieren werde: "Ich finde das komplett scheiße", so die rigorose Antwort und deutliche Haltung des BVB-Geschäftsführers. Angesichts der aufstrebenden Sparte dürfte dies allerdings nicht das letzte Wort gewesen sein.

 Fußball und digitaler Sport - was vor Jahren noch undenkbar war, findet sukzessive zueinander.

Fußball und digitaler Sport - was vor Jahren noch undenkbar war, findet sukzessive zueinander.

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Am 21. November 2016 lud die Borussia aus Dortmund, der derzeit erfolgreichste Fußball-Revierklub Deutschlands, zur ordentlichen Hauptversammlung 2016. Die sicherlich wichtigste Nachricht für Fans und Verantwortliche war, dass die Borussia Dortmund GmbH und Co. KGaA nach aktuellem Stand der Dinge "kerngesund" sei. Dies dürfte vor allen Dingen auch die Aktionäre freuen.

Mit 376 Millionen Euro Umsatz erzielte der zweitgrößte Verein Deutschlands ein sattes Plus von 36,3 Prozent im Vergleich zur Vorsaison. Ein Grund hierfür waren auch die Transfererlöse aus den Verkäufen von Mats Hummels (FC Bayern München), Ilkay Gündogan (Manchester City) und Henrikh Mkhitaryan (Manchester United). Doch natürlich ging es Ende November in der Westfalenhalle nicht nur, wenn auch hauptsächlich um Finanzen.

Vor allem BVB-Chef Watzke erntete für seine Rede jede Menge Applaus. Dabei überraschte er vor allen Dingen mit freundlichen Worten gegenüber dem großen Konkurrenten aus München: "Wir schlagen sie noch immer gerne, aber wir haben zum Beispiel bei der Neuformatierung der Champions League eng zusammengearbeitet. Karl-Heinz Rummenigge hat da in Europa auch für den BVB gekämpft, so etwas vergesse ich nicht."

Die Internationalisierung wolle der BVB künftig sukzessive vorantreiben, auch um den internationalen Anschluss nicht zu verlieren. Dabei wolle man aber "mit beiden Beinen auf dem Borsigplatz" stehenbleiben. Dies bedeutet unter anderem, dass der BVB nicht jedem Trend blind folgen werde. Dies gelte vor allen Dingen für den derzeit stark aufstrebenden e-Sports-Bereich. "Jährlich werden Preisgelder in Millionenhöhe ausgeschüttet und auch bei Wettanbietern und Online-Casinos findet der digitale Sport immer mehr Zuspruch. Häufig zielt ein Online Casino Bonus Code direkt auf den eSports-Markt ab", ordnet die Redaktion von bonuscode.de den aktuellen Trend ein.

"Ich finde das komplett scheiße"

Mit sehr deutlichen Worten kommentierte Watze hingegen die Frage, ob die Borussia sich künftig im eSports-Bereich engagieren werde. "Das ist vielleicht modern. Ich finde das komplett scheiße", so die Aussage Watzkes. Dieses überdeutliche Machtwort mag auf den ersten Blick überraschen, gilt die Borussia doch als besonders zukunftsorientierter Verein, sollte in Hinblick auf die ergänzenden Worte Watzkes aber nachvollziehbar sein.

"Es hat sich in der Vergangenheit bewährt, dass wir nicht alles das machen, was der FC Schalke 04 macht", sagte Watzke weiter. Vor allen Dingen geht es dem Geschäftsführer des Börsenklubs also um die Abgrenzung zum Dauerkontrahenten aus dem Pott, der nach der jüngsten Niederlage gegen Leverkusen zumindest den sportlichen Anschluss an die Borussia verlor. Nach dem VfL Wolfsburg ist der FC Schalke 04 derzeit der zweite Bundesligaklub, der mit einem eigenen Verein aktiv in der eSports-Szene mitmischt.

Diese Bundesligaklubs sind im eSports vertreten


Derzeitiger Status

Verein


 Eigenes Team vorhanden

 VfL Wolfsburg, FC Schalke 04


 Team bereits in Planung

 Hamburger SV, TSG 1899 Hoffenheim, FC Ingolstadt


 eSports-Team abgelehnt

 FC Augsburg, Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt, SC Freiburg, RB Leipzig, Bayer 04 Leverkusen, 1. FSV Mainz 05, SV Darmstadt 08


 Derzeit noch keine Entscheidung

 FC Bayern München, 1. FC Köln, Hertha BSC Berlin, Werder Bremen, Borussia Mönchengladbach

Tabelle: Bislang sind mit Wolfsburg und Schalke lediglich zwei Bundesligisten im eSports vertreten. Zukünftig dürften weitere Vereine folgen.

Doch natürlich dürfte es nicht allein die Konkurrenz zu den Knappen aus Gelsenkirchen sein, die Watze deutliche Worte finden ließ. Immerhin haben auch andere Vereine aus Europa, darunter auch große Klubs wie Manchester City, das riesige Potential erkannt, das im eSports liegt. Doch warum genau lehnt die Borussen-Führung den neuen Trendsport so entschieden ab?

· Die Borussia will sich weiter als reiner Sportverein präsentieren. Laut Aussage der Geschäftsführung sehe man derzeit "keine natürliche Verbindung mit dem angestammten Sportbetrieb".

· Gerade der BVB besitzt eine recht konservative Fangemeinde, beispielsweise im Vergleich zu Klubs wie RB Leipzig. Hier würde ein Engagement im hochmodernen und derzeit polarisierenden eSports-Bereich, der vor allem kommerziell ausgerichtet ist, viele BVB-Fans verprellen.

· Trotz der harschen Ablehnung dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Watzke wollte sich aktuell vor allem gegen Schalke und Wolfsburg positionieren, dürfte den vor allem aus wirtschaftlicher Sicht lukrativen eSports-Markt hinter verschlossener Tür aber weiter beobachten.

Ganz authentisch erscheint die Aussage Watzkes auch deswegen nicht, da die Borussen Kooperationspartner des japanischen Spieleentwicklers Konami sind. Auf vier Jahre hat sich der BVB zur Zusammenarbeit mit Konami verpflichtet, das künftig in allen Pro-Evolution-Soccer-Spielen Spielernamen, Trikots und auch den Signal Iduna Park detailgetreu abbilden darf. Zudem ziert mit Marco Reus derzeit ein Spieler des BVB das Cover des Fußballspiels Fifa 17.

Watze unterliegt "Irrtum"

Eine Reaktion auf die Aussagen von Hans-Joachim Watze ließ vor allen aus Gelsenkirchen nicht lange auf sich warten. Der ehemalige Fifa-Weltmeister und derzeitiger eSports-Leiter bei Schalke 04, Joshua Begehr, ließ in der WELT bereits verlauten, dass der BVB-Chef seinen Verein in "einen großen Irrtum" lenke.

Ist eSports tatsächlich ein Sport?

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), die zentrale Dachorganisation des deutschen Sports, führt eSports derzeit nicht als Sport. Laut der Aufnahmeverordnung fehlen typische Strukturen wie Vereine oder Nachwuchsförderung. Die eSports-Szene versucht derzeit allerdings, ihren Markt zu professionalisieren. Erst im Mai 2016 wurde mit der World Esports Association (Wesa) ein Dachverband für die eSports-Branche gegründet, die beispielsweise auch Doping-Test durchführt.

eSports wird in Deutschland noch nicht offiziell als Sportart gelistet.

Und tatsächlich scheint es, als würde sich die Borussia einen wirtschaftlich sehr lukrativen Markt freiwillig entgehen lassen. Laut einem Branchenreport wird der eSports-Sektor in diesem Jahr ein Umsatzvolumen von circa 900 Millionen US-Dollar erzielen. Und dies alleine durch den Verkauf von Merchandising-Artikeln und Tickets für internationale Turniere.

Auch Preisgelder und Fans können mit anderen bekannten Sportarten durchaus mithalten, übertreffen diese teils sogar deutlich. Beim derzeit wohl beliebtesten eSports-Spiel, League of Legends, werden täglich 27 Millionen Spieler gezählt. Beim Finale der League-of-Legends-Weltmeisterschaft, das im Oktober in der Mercedes-Benz-Arena in Berlin ausgetragen wurde, wurden 12.000 Besucher gezählt.

Bei den ebenfalls sehr beliebten "Dota-2-Turnieren" stritten Spieler weltweit um einen Preispool von 26 Millionen US-Dollar. Angesichts solcher Zahlen und der extrem hohen Strahlkraft des eSports, vor allem auf dem für deutsche Fußballvereine so wichtigen asiatischen Markt, dürfte es lediglich noch eine Frage der Zeit sein, bis weitere Profifußballvereine den Schritt auf den unbekannten Markt wagen. Dies dürfte dann auch für Borussia Dortmund gelten.

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