Zschäpe muss ihre Anwälte behalten

München · Die spektakuläre Entscheidung von Beate Zschäpe, ihren Verteidigern das Vertrauen zu entziehen, bleibt juristisch ohne Folgen: Der NSU-Prozess geht in gewohnter Besetzung weiter – ohne neue Anwälte für die Angeklagte.

Kein einziges Wort wechselt Beate Zschäpe - soweit dies auf der Zuschauertribüne erkennbar ist - mit ihren Verteidigern Wolfgang Heer und Anja Sturm, die wie gewöhnlich links und rechts neben ihr sitzen. Der Einzige, mit dem sie an diesem Dienstagnachmittag spricht, ist ihr dritter Anwalt, Wolfgang Stahl, zwei Plätze weiter.

Die Nachricht des Tages liefert Richter Manfred Götzl zu Beginn des mittlerweile 129. Verhandlungstag im NSU-Prozess. Er sagt einen Standardsatz - doch diesmal hat er eine ganz besondere Bedeutung. "Es sind erschienen die Angeklagten mit ihren Verteidigern", sagt Götzl ganz trocken, und es sei "die Besetzung wie beim letzten Verhandlungstag". Neben der Hauptangeklagten Zschäpe nehmen also keine neuen Anwälte Platz. Neben ihr sitzen gegen ihren Willen auch weiterhin ihre drei bisherigen Pflichtverteidiger. Ihren Antrag, diese - wie es juristisch heißt - zu entpflichten, hat das Gericht abgeschmettert. Allzu viel riskiert haben die Richter damit wohl nicht: Experten bewerteten das Revisionsrisiko schon am Montag als nicht allzu groß.

Götzl sagt, er sehe keine konkreten und hinreichenden Anhaltspunkte, dass das Vertrauensverhältnis zu ihren Anwälten zu sehr gestört sei. Direkt danach setzt er den Prozess fort, als ob nichts gewesen wäre, und ruft die nächste Zeugin auf. Und doch ist eben vieles anders als zuvor. Zschäpe muss nun mit drei Verteidigern auskommen, denen sie vergangene Woche das Vertrauen entzogen hatte. Wie schwierig die Situation ist, ist für jeden im Gerichtssaal offensichtlich.

Und für Zschäpe wird es noch schwieriger: Als Zeugin sagt unter anderem eine junge Frau aus, die das NSU-Trio einst im Urlaub auf der Insel Fehmarn kennengelernt hatte. Die heute 21-Jährige schildert viele Details, die der Hauptangeklagten und ihren Verteidigern nicht gefallen können: dass Zschäpe die Urlaubskasse des Trios verwaltete, dass sie auch mal mit 500-Euro-Scheinen bezahlte und dass das für sie nichts Ungewöhnliches war, dass die drei alles voneinander wussten. Und die Zeugin berichtet, dass Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos einmal von Bomben erzählt hätten. "Die Männer haben über Bomben erzählt, als hätte das jeder in der Jugend gebaut."

Und dann wird es an diesem Nachmittag emotional wie selten. Nicht nur, dass die Zeugin immer wieder in Tränen ausbricht und kein Wort mehr sagen kann. Auch Zschäpe setzt deren Aussage offenbar zu. Immer wieder sieht es so aus, als müsse sie sich auf die Lippen beißen. "Wie Ersatzeltern" seien die drei für sie gewesen, sagt die junge Frau. Als das NSU-Trio aufgeflogen sei, sei für sie "eine Welt zusammengebrochen". "Das war natürlich das Letzte, was man von Freunden erwartet, dass sie sowas machen. Das kann man nicht fassen, dass jemand das macht." Sie könne das bis heute nicht verstehen. Doch trotz allem: Kurz vor dem Verlassen des Gerichtssaals winkt die Zeugin der Angeklagten ganz zaghaft zu.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort