Schwarzer Peter wirft das Handtuch

München · Der Euro-Rebell der CSU zieht Konsequenzen: Peter Gauweiler tritt als Parteivize zurück und verlässt auch gleich den Bundestag. Als Grund nennt er parteiinternen Druck, gegen seine Überzeugungen zu handeln.

War's das? Peter Gauweiler (65), einer der profiliertesten, aber auch umstrittensten CSU-Politiker, zieht sich aus der Politik zurück. In einer Pressemitteilung erklärte Gauweiler gestern, er lege sein Bundestagsmandat nieder und trete vom Amt des stellvertretenden CSU-Vorsitzenden zurück. Von ihm sei verlangt worden, für das Gegenteil dessen zu stimmen, was er in Sachen Europolitik vertrete "und was ich als geltenden Inhalt der CSU-Programme verstehe".

Das ist ein Verweis auf den jüngsten Streit mit Parteichef Horst Seehofer , weil Gauweiler Anfang März im Bundestag gegen die Verlängerung der Finanzhilfen für Griechenland gestimmt hatte. "Wer Peter Gauweiler zum stellvertretenden CSU-Vorsitzenden wählte, wusste genau, welche Positionen in Sachen Euro und Rettungspolitik damit gewählt wurden", so der 65-Jährige in seiner Rücktrittserklärung.

Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Von vielen in der Partei wurde Gauweiler auch für das schlechte Ergebnis bei der letzten Europawahl von nur 40,5 Prozent verantwortlich gemacht. Zwischendurch sorgte der Rechtsanwalt mit einer großzügigen Auslegung seiner Anwesenheitspflichten in Berlin sowie der Tatsache, dass er aus seiner Nebentätigkeit weit mehr als eine halbe Million Euro pro Jahr bezieht, für Stirnrunzeln. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Max Straubinger, konnte denn auch kein Bedauern über den Rückzug empfinden. "Jeder kann abstimmen, wie er will", sagte er, aber Gauweilers Position sei "richtigerweise nicht Mehrheitsmeinung in der CSU ". Gauweiler habe bisher gegen alles in der Euro- und Griechenlandpolitik gestimmt, doch "die Politik war bisher immer erfolgreich".

Als Gauweilers Verdienst in Erinnerung bleiben wird eine von ihm erstrittene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009, mit der die Rechte des Parlaments in europäischen Angelegenheiten gestärkt wurden. Der bekennende Strauß-Bewunderer vertrat aber auch zu anderen Themen eigenwillige Ansichten. Als die CSU in München heftig über einen Transrapid zum Flughafen eintrat, hielt er eine Magnetschnellbahn nach Moskau für sinnvoller. Verständnis für russische Positionen zeigte der CSU-Politiker auch in der Ukraine-Krise. Gauweiler widersprach Auslandseinsätzen der Bundeswehr und klagte 2007 gegen den Afghanistan-Einsatz. Im Irak-Krieg bezog er offen gegen die US-Intervention Stellung.

Seehofer erklärte zum Rücktritt seines Parteivizes, er respektiere die Entscheidung und danke ihm für die geleistete Arbeit. Dem CSU-Chef dürfte das Aus gelegen kommen, macht es doch den Weg frei für eine problemlose Neubesetzung des CSU-Präsidiums im November.

Die Alternative für Deutschland (AfD) machte dem Euro-Kritiker umgehend ein Angebot. "Wir laden Herrn Gauweiler herzlich ein, der AfD beizutreten, und begrüßen es, dass er konsequent genug ist, das Versagen der Union in Sachen Eurorettungspolitik durch einen Verzicht auf alle seine Ämter in der Öffentlichkeit deutlich zu machen", erklärte der Bundesvorsitzende Bernd Lucke . Die bayerische SPD sieht Seehofer in einer Krise: "Das System Seehofer bröckelt an allen Ecken und Enden. Es wird einsam um den Regierungschef."

Meinung:

Abgang einesParadiesvogels

Von SZ-RedakteurBernard Bernarding

Es ist zwar keine große Überraschung, dass der alte Strauß-Verehrer Peter Gauweiler nun im besten Rentenalter von 65 Jahren resigniert, doch schade ist es schon. Denn bei aller Kritik an dem bajuwarischen Querkopf, der bei seinen Extra-Touren so laut granteln konnte, dass seine Parteifreunde regelmäßig zusammenzuckten: Gauweiler war ein echter Paradiesvogel, und solche Typen sind rar gesät im Bundestag der Angepassten. Schlimmer aber ist der Grund seines Abgangs: CSU-Chef Horst Seehofer wollte ihn entmündigen und auf Linie zwingen. Gut, dass sich der unkonventionelle Euro-Gegner, Lafontaine-Freund und Putin-Versteher das nicht gefallen ließ. Jetzt kann er von außen mosern. Passt scho.

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