Mit zwei kleinen Kindern in den Bürgerkrieg

München · Sie habe nur helfen wollen: So rechtfertigt eine mutmaßliche Islamistin aus dem Allgäu vor Gericht, warum sie Anfang 2014 ins syrische Bürgerkriegsgebiet reiste. Im Schlepptau hatte sie ihre beiden kleinen Töchter.

Was ist das für eine Frau? Eine junge Mutter aus dem Allgäu , die zum Islam konvertiert, ins syrische Bürgerkriegsgebiet reist, Zweitfrau eines "Gotteskriegers" wird, und die bei alldem ihre beiden kleinen Töchter mitnimmt - was ist das für ein Mensch? Vor dem Münchner Landgericht erscheint an diesem Mittwoch eine 30-Jährige, ganz in Schwarz gekleidet, langer Rock, Kopftuch. Die Vorwürfe der Anklage haben es in sich: Der Frau wird die Vorbereitung einer "schweren staatsgefährdenden Gewalttat" vorgeworfen. Sie sei in Syrien Frau eines Islamisten geworden, der sich der Al-Nusra-Front angeschlossen hatte, dem syrischen Al-Qaida-Ableger. Und: Auch die Angeklagte sei bereit gewesen, Waffen gegen Soldaten der syrischen Armee einzusetzen, um diese zu töten.

Als der Richter der 30-Jährigen das Wort erteilt, zeichnet diese ein völlig anderes Bild. Sie räumt ihre Reise nach Syrien Anfang 2014 ohne Umschweife ein, ihre beiden Töchter, drei und sieben Jahre alt, immer dabei. Auf die Frage nach dem Warum gibt sie eine bemerkenswerte Antwort: Sie habe die Bilder aus Ägypten und Syrien verfolgt. Wie Baschar al-Assad die eigene Bevölkerung terrorisiert habe. Die Bilder auch von toten Kindern. "Ich habe es dann nicht mehr ausgehalten", sagt sie. Sie habe helfen wollen, habe sich durch ihren Glauben dazu "gezwungen" gefühlt. "Mir ging es einfach nur um die Menschen", beteuert sie.

Die Frau schildert, wie ihr Mann vor Ort Hilfsgüter organisiert habe: medizinisches Material, Feuchttücher, Babymilch . Irgendwann aber kamen die Kämpfe näher. Eine Familie aus der Bekanntschaft sei ermordet worden. Das sei der Wendepunkt gewesen. Die Frau reist mit den Kindern zurück nach Deutschland - und wird festgenommen. Ihr Verteidiger argumentiert, der Hauptvorwurf der Anklage sei nicht zu halten. Er setzt auf eine Verurteilung allenfalls wegen Entziehung Minderjähriger - weil die Frau die Kinder ohne Wissen des getrennt lebenden Vaters mitnahm. Tatsächlich kommt die Frau mit einem glimpflichen Urteil davon: ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung.

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