Ukraine will neue Waffen kaufen

Kiew/Moskau · Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko setzt sich für Gespräche ein, um den Konflikt im Osten des Landes zu beenden. Auf der anderen Seite kündigt das Land neue Waffenkäufe und eine weitere Mobilmachung an.

Krieg oder Frieden: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU ) und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hoffen auf baldige Gespräche für eine Lösung des Konflikts im Donbass. Der Schlüssel für den Frieden in der Ostukraine sei ein rasches Treffen der Kontaktgruppe, teilte das Präsidialamt in Kiew nach einem Telefonat der beiden Politiker mit. Gleichwohl kündigte das vom Staatsbankrott bedrohte Land neue Waffenkäufe im Ausland an - für einen möglichen Krieg gegen die prorussischen Separatisten .

Die Aufständischen im Konfliktgebiet Donbass warfen der prowestlichen ukrainischen Führung am Sonntag eine Blockade der Friedensgespräche vor. Separatistenanführer Alexander Sachartschenko meinte, die Ukraine nutze die derzeitige Feuerpause, um neue Waffen aus den USA zu erhalten und sich auf einen Krieg vorzubereiten. Die ukrainische Regierung kündigte in ihrem Kampf gegen die Separatisten weitere "drei Wellen für Mobilmachungen" im Januar, April und Juni an. Den Streitkräften fehlten Soldaten, sagte der Sekretär des nationalen Sicherheitsrates, Alexander Turtschinow. Zudem werde der unlängst wieder eingeführte Pflichtwehrdienst für alle 20- bis 27-Jährigen von einem auf anderthalb Jahre verlängert. Turtschinow hatte angekündigt, die von Separatisten beherrschten Gebiete Donezk und Lugansk und die von Russland annektierte Schwarzmeerhalbinsel Krim "zu befreien". Er steht für eine militärische Lösung des Konflikts - keine diplomatische. Der Kampf in der Ostukraine kostet die klamme Ex-Sowjetrepublik nach offiziellen Angaben täglich rund 100 Millionen Griwna (etwa fünf Millionen Euro).

Russland gründete angesichts der sich verschlechternden humanitären Lage im Donbass eine Regierungskommission zur Unterstützung der Regionen Donezk und Lugansk. Mit den Staatshilfen stellt Russland seine umstrittene Unterstützung für das Konfliktgebiet erstmals auf eine offizielle Ebene. Ein zehnter russischer Konvoi mit mehr als 170 Lastwagen brachte am Sonntag 1400 Tonnen humanitärer Güter in den Donbass. Die Ukraine sieht darin eine Verletzung ihrer Hoheitsrechte.

Unterdessen ist in Deutschland angesichts der Wirtschaftsprobleme Russlands eine Diskussion über das weitere Vorgehen des Westens und die Konsequenzen für deutsche Unternehmen entbrannt. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD ) erteilte weiteren Sanktionen gegen Russland im "Tagesspiegel am Sonntag" eine Absage. Gabriel vertrat die Auffassung, letztlich könne "weder Deutschland noch Europa Interesse daran haben, dass Russland ins wirtschaftliche Chaos abgleitet". "Deshalb ist die Forderung, die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen, falsch." Es dürfe nicht darum gehen, "Russland auf die Knie zu zwingen", fügte der Wirtschaftsminister hinzu. Stattdessen gelte es, Russland zu Verhandlungen über eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts zu bewegen.

Nach Angaben von Ex-EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso war der russische Präsident Wladimir Putin jahrelang mit einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine einverstanden gewesen. Vor 2012 habe es keine Einwände gegen eine EU-Mitgliedschaft gegeben, sagte Barroso der "Welt am Sonntag".

Meinung:

Kiews Politik hinterfragen

Von SZ-ReakteurLothar Warscheid

Gelegentlich muss man sich die Augen reiben. Die vom Westen massiv unterstützte Ukraine spricht davon, den Konflikt im Osten ihres Landes diplomatisch lösen zu wollen und kündigt gleichzeitig Waffenkäufe und Mobilmachung an. Auf der anderen Seite will das Land viel Geld vom Westen, da es so gut wie pleite ist. Soll der deutsche Steuerzahler am Ende die Fortsetzung des Bürgerkrieges im Osten der Ukraine finanzieren, der täglich neues Leid bringt? Statt ständig Russland unter Druck zu setzen und auf dem ukrainischen Auge blind zu sein, sollten Politiker und Diplomaten in Brüssel und Berlin mal endlich hinterfragen, was Kiew so alles treibt.

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