Ende der Eiszeit zwischen USA und Kuba

Havanna/Washington · Nur etwa 150 Kilometer trennen Kuba vom amerikanischen Festland. Doch ideologisch liegen zwischen den beiden Staaten Welten. Nach langen Verhandlungen zeichnet sich nun eine Kehrtwende ab.

Nach jahrzehntelanger Eiszeit schlagen die USA und Kuba ein neues Kapitel ihrer diplomatischen Beziehungen auf. In Havanna soll in den kommenden Monaten wieder eine US-Botschaft eröffnet werden, zudem sollen einige Beschränkungen beim Handel und bei Finanzgeschäften aufgehoben werden. Das gaben US-Präsident Barack Obama und sein kubanischer Amtskollege Raúl Castro gestern zeitgleich in Fernsehansprachen bekannt. Am Dienstag hatten die beiden Präsidenten erstmals miteinander telefoniert.

Beide Staaten unterhalten seit mehr als 50 Jahren keine diplomatischen Beziehungen. Die USA überzogen den Karibikstaat nach der Machtübernahme Fidel Castros mit einem scharfen Wirtschafts- und Handelsembargo, unter anderem weil Kuba das Eigentum amerikanischer Unternehmen auf der Insel verstaatlichte und sich dem Kommunismus zuwandte. 1961 versuchte eine Söldnertruppe von Exilkubanern mit Hilfe des US-Geheimdienstes CIA , das Regime zu stürzen. Kubas Revolutionsarmee schlug die Invasion in der Schweinebucht zurück. "Wir können die Geschichte zwischen uns niemals ausradieren", sagte Obama. Doch das Erbe der Kolonisierung und des Kommunismus müsse nun überwunden werden. Castro dankte insbesondere Papst Franziskus für seine Vermittlung der Gespräche, ebenso wie der Regierung Kanadas. Dort hatten seit dem Sommer 2013 mehrere Treffen zwischen beiden Seiten stattgefunden. "Das heißt aber nicht, dass das Wichtigste gelöst ist", stellte Castro klar.

Der Vatikan bestätigte, dass der Papst die historische Annäherung vermittelt hat. Franziskus habe Obama und Castro in einem Brief aufgefordert, "humanitäre Probleme von gemeinsamem Interesse zu lösen, darunter die Lage von gewissen Gefangenen, um eine neue Phase in den Beziehungen beider Seiten einzuleiten".

Komplett aufgehoben sind das scharfe Wirtschafts- und Handelsembargo gegen den sozialistischen Inselstaat sowie bestehende Reisebeschränkungen mit den nun angekündigten Schritten nicht. Aufheben kann diese nur der US-Kongress. Da dies in der nächsten Zeit jedoch nicht absehbar sei, habe Obama entschieden, in dem ihm möglichen Rahmen allein zu handeln, sagte ein US-Regierungsbeamter. Teil der Abmachung war ein Austausch des vor fünf Jahren in Kuba verhafteten Amerikaners Alan Gross sowie eines US-Spions gegen die drei verbliebenen Gefangenen der sogenannten "Cuban Five" in den USA. Sie waren 1998 als Teil eines kubanischen Spionagerings in den USA zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Zwei Agenten haben ihre Strafen inzwischen verbüßt. Kuba hatte der US-Administration mehrfach einen Gefangenenaustausch angeboten. Gross landete nach übereinstimmenden Berichten gestern in den USA, der US-Spion hatte 20 Jahren auf Kuba hinter Gitter gesessen. Die Verhaftung Gross' galt als eines der größten Hindernisse für eine Annäherung zwischen den Regierungen in Washington und Havanna . Der heute 65-Jährige wurde Ende 2009 in Havanna verhaftet und später zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Entwicklungshelfer soll im Auftrag der USA verbotene Satellitenfunkanlagen nach Kuba eingeschleust und an Oppositionelle verteilt haben. Washington hat dies stets bestritten. Gross selbst gab an, er habe der jüdischen Gemeinde auf Kuba Zugang zum Internet verschaffen wollen.

Treffen auf hoher diplomatischer Ebene sollen nun die Normalisierung der Beziehungen vorantreiben, unter anderem soll US-Diplomatin Roberta Jacobson Kuba besuchen. Washington und Havanna wollen dem Weißen Haus zufolge bei der Terrorismusbekämpfung und dem Kampf gegen den Drogenschmuggel zusammenarbeiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort