Die AfD segelt nach rechts: Petry wird alleinige Vorsitzende – Lucke-Anhänger kündigen Austritt an

Essen · Nach monatelangem Machtkampf haben Frauke Petry und ihre Unterstützer aus dem rechten Lager die AfD übernommen. Gründer Bernd Lucke und seine engsten Unterstützer wenden sich von der Partei ab.

Es ist ein bisschen so wie damals, als Angela Merkel keine Lust mehr hatte, das "Mädchen" von Bundeskanzler Helmut Kohl zu sein. Auch Bernd Lucke hat Frauke Petry, die kurzhaarige junge Frau aus dem Osten, unterschätzt. Jetzt ist sie kalt lächelnd an ihm vorbeigezogen und hat sich an die Spitze der AfD gestellt. Er sei eine "Galionsfigur der Gründerzeit" der Partei, sagt Petry über Lucke und schiebt ihn damit in die Reihe der Gestrigen.

Die Partei, die Petry jetzt übernimmt, ist nicht mehr die Alternative für Deutschland (AfD), die Lucke 2013 gemeinsam mit anderen konservativen Gegnern der Eurorettungspolitik gegründet hatte. Das sieht nicht nur Lucke, der sagt, mit den "islamfeindlichen Äußerungen" von Petry wolle er nicht in Verbindung gebracht werden. Die neue AfD steht weiter rechts, und sie wird in den kommenden Monaten sicher auch etwas kleiner werden. Denn zahlreiche Anhänger des liberal-konservativen Flügels, für den Lucke steht, kündigten direkt nach Petrys Wahl am Samstag ihren Austritt an. Am Sonntag blieben in der Essener Gruga-Halle etwa 1500 Plätze leer. Im Gegenzug werden nach Ansicht von Beobachtern möglicherweise weitere Rechtsnationale eintreten. Doch das dürfte den Aderlass wohl nicht ausgleichen - vor allem dann nicht, wenn Lucke eine neue Partei gründen sollte.

Petrys Bemühungen, das liberal-konservative Lager zumindest teilweise einzubinden, scheiterten in Essen weitgehend. Sie schlug den Europaabgeordneten Joachim Starbatty , der zum wirtschaftsliberalen Lager zählt, als Zweiten Vorsitzenden vor. Doch der gab ihr einen Korb. Der Volkswirt Jörg Meuthen, der schließlich zur Nummer zwei gewählt wurde, ist zwar weniger prominent als die Eurokritiker Lucke und Starbatty, bringt aber zumindest etwas liberales Flair in den neuen Vorstand, der von ultrakonservativen und rechtsnationalen Kräften dominiert wird.

Luckes Abwahl war ein Untergang mit Ansage. Der Parteigründer provozierte bewusst die Konfrontation mit den Rechten. In seiner Parteitagsrede schimpfte er auf die "Populisten" in der Partei. Das kam bei vielen AfDlern nicht gut an. Buhrufe und Pfiffe nahmen so zu, dass Lucke seine Rede mehrfach unterbrechen musste.

Die Petry-Anhänger hatten von Anfang an die Lufthoheit im Saal. In der überhitzten Atmosphäre wurden Äußerungen mit unverhohlener oder versteckter Ausländerfeindlichkeit besonders laut gefeiert. Etwa die Aussage Petrys, der Islam transportiere ein Staatsverständnis, das uns in Mitteleuropa "völlig fremd ist und mit dem deutschen Grundgesetz nicht vereinbar". Im Foyer der Gruga-Halle verteilten Parteimitglieder Handzettel mit der ersten Strophe des Deutschland-Lieds, zu stören schien sich daran niemand.

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