Putin redet über Einmarsch in EU

Brüssel/Washington · Russlands Präsident soll darüber geredet haben, Truppen in Hauptstädte von EU-Staaten einmarschieren zu lassen. Der Kreml dementiert dies. Indessen bittet Poroschenko vor dem US-Kongress um Waffen.

Russlands Präsident Wladimir Putin soll nach einem Medienbericht in einem Gespräch drohend die Möglichkeit eines russischen Einmarsches in östliche EU-Länder erwähnt haben. Das schreibt die "Süddeutsche Zeitung" gestern unter Berufung auf eine Notiz des Auswärtigen Dienstes der EU (EAD). Ein Kremlsprecher dementierte den Bericht in Moskau mit den Worten, es handele sich um eine "gewöhnliche Ente".

Das Protokoll gibt nach den Angaben ein Gespräch des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wieder. Demnach habe Poroschenko Putin mit den Worten zitiert: "Wenn ich wollte, könnten russische Truppen in zwei Tagen nicht nur in Kiew, sondern auch in Riga, Vilnius, Tallinn, Warschau oder Bukarest sein."

Die baltischen Staaten, Polen und Rumänien sind allesamt Mitglieder der Europäischen Union und der Nato . Im angespannten Verhältnis zwischen der Ukraine und Russland hatte es in der Vergangenheit immer wieder nicht bewiesene schwere gegenseitige Vorwürfe gegeben.

Von Seiten der EU-Kommission gab es auf die angeblichen Worte Putins weder eine Bestätigung noch ein Dementi. "Wir betreiben Diplomatie nicht über die Medien und diskutieren keine Notizen aus vertraulichen Gesprächen", sagte eine Sprecherin des EU-Kommissionspräsidenten.

Bei einem Besuch in Washington bat Präsident Petro Poroschenko die USA um Waffen und andere Militärhilfe für den Kampf gegen die pro-russischen Separatisten. Der Schutz der ukrainischen Demokratie vor der russischen Aggression erfordere eine starke Armee, sagte er vor dem US-Kongress. Die Amerikaner haben Waffenlieferungen an die Ukraine bisher abgelehnt und lediglich nicht-militärische Unterstützung zugesagt.

Poroschenko rief den Kongress auf, die Ukraine nicht im Stich zu lassen. Sollte Russland mit seiner "Invasion" erfolgreich sein, stehe "ein neuer Kalter Krieg" bevor. "Es ist auch Amerikas Krieg", sagte Präsident Poroschenko.

Die OSZE wird die Zahl ihrer Beobachter zur Überwachung der Waffenruhe im Ukraine-Konflikt praktisch verdoppeln. In den nächsten zwei Monaten werde die durch das Mandat erlaubte Höchstzahl von 500 Beobachtern erreicht, sagte der Chef der Beobachtermission, Ertugrul Apakan, gestern in Wien. "Wir müssen unsere Kapazitäten den Aufgaben angleichen", sagte der Diplomat. Aktuell seien rund 250 Beobachter im Einsatz. Gerade in den jüngsten Tagen sei die Waffenruhe in der Ukraine sehr brüchig gewesen.

Die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE ) sollen laut Missions-Chef Ertugrul Apakan vor allem in der an der Grenze zu Russland gelegenen Region Lugansk patrouillieren.

Meinung:

Klare Botschaft an Obama

Von SZ-Korrespondent Frank Herrmann

Wenn der Kongress Petro Poroschenko den roten Teppich ausrollt, dann geht es nicht nur darum, einen Staatsgast zu ehren. Die Botschaft des Besuchs hat noch einen anderen Adressaten, nämlich Barack Obama . Nicht nur die Republikaner werfen dem Präsidenten vor, in der Krise um die Ukraine zu leise Töne anzuschlagen. Auch unter den Demokraten schwillt der Chor der Kritiker an. Amerika, schallt es aus vielen Ecken, müsse wieder Führungsstärke zeigen, gerade auch im Duell mit Putin. Ergo seien Tabus zu brechen, etwa keine Waffen an die Ukraine zu liefern. Doch Obama sollte sich dem Druck nicht beugen. Eine Eskalation trägt nichts zur Lösung bei.

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