Klimawandel soll ins Zentrum der Außenpolitik rücken

Berlin · Der Klimawandel stellt eine wachsende Herausforderung für Frieden und Stabilität dar. Außenminister Steinmeier fordert eine neue Kultur der Zusammenarbeit, um ärmeren Staaten zu helfen.

Die G7-Staaten sollen sich bei ihrem Treffen Anfang Juni auf Schloss Elmau in Bayern verpflichten, die Widerstandsfähigkeit der Entwicklungsländer gegen die Folgen des Klimawandels zu stärken. Dieses Ziel müsse eine zentrale Rolle in der Außenpolitik spielen, rät ein Gutachten von vier internationalen Forschungsinstituten, das gestern beim G7-Außenministertreffen in Lübeck besprochen wurde. Die sieben führenden Industrienationen, die die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung repräsentieren, hätten dazu grundsätzlich die Möglichkeiten. Die Autoren des Papiers, das unserer Zeitung vorliegt, glauben zwar nicht, dass es Klimakriege geben wird, sprechen aber von "sich gegenseitig verstärkenden" Entwicklungen.

Bevölkerungswachstum, Verstädterung, der Anstieg der Meeresspiegel, Wetterkatastrophen, Wassernot und die ohnehin schwache wirtschaftliche Entwicklung würden die Widerstandsfähigkeit zahlreicher Staaten auf die Probe stellen. "Viele werden daran scheitern." Dann drohe eine weltweite "Destabilisierungsspirale". Die Warnung der Wissenschaftler: "Bei hohem Druck und akuten Schocks geraten auch entwickelte Staaten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) übernahm bereits eine der Schlussfolgerungen der Experten: "Wir brauchen eine neue Kultur der Zusammenarbeit", sagte er. Dazu soll in Elmau ein Anlauf unternommen werden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) hat das Klimathema wie schon beim letzten G7-Gipfel in Deutschland, 2007 in Heiligendamm, zu einem Schwerpunkt der Beratungen gemacht. Ein Grund dafür ist auch, das Ende dieses Jahres in Paris der Weltklimagipfel stattfindet. Dort soll nach mehrfachem Scheitern der erneute Versuch unternommen werden, eine verbindliche Vereinbarung zwischen allen Staaten zu erreichen, die Erd-erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Beim letzten Treffen in Brüssel hatten die G7-Staaten sich bereits verpflichtet, "unseren Teil dazu beizutragen, den globalen Temperaturanstieg im Vergleich zum vorindustriellen Niveau tatsächlich unter zwei Grad zu halten". Jedes G7-Land werde nationale Beiträge leisten, um Paris zum Erfolg zu machen. Darunter auch die USA.

In Elmau soll nun nach Anregung der Experten ein Beschluss folgen, wonach die G7 - das sind neben den USA Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada - systematischer als bisher versuchen, betroffenen Staaten präventiv zu helfen. International sollen die Sieben diesbezüglich eine Führungsrolle übernehmen. Denn unabhängig vom Erfolg der Pariser Konferenz würden die negativen Folgen des Klimawandels die Menschheit noch Jahrzehnte beschäftigen. Die Ansätze reichen, so die Autoren der Studie, von einem systematischen internationalen Risikomanagement über die Verbesserung der Wasserversorgung bis zur konkreten Katastrophenvorsorge vor Ort. "Resilienz", also Stärkung der Widerstandsfähigkeit, müsse zum neuen Kompass der internationalen Außenpolitik werden, heißt es. Denn: "Was heute noch lokal und zeitlich begrenzt ist, fordert die internationale Gemeinschaft morgen zeitgleich und global."

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HintergrundDie sieben großen westlichen Industrienationen (G7) wollen Russland im Ukraine-Konflikt stärker in die Pflicht nehmen. Zum Abschluss des Außenministertreffens in Lübeck appellierten sie gestern direkt an Moskau, die Friedensvereinbarungen von Minsk vollständig einzuhalten. Davon machen sie auch die Aufhebung bestehender Sanktionen abhängig. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) warnte angesichts der jüngsten Kämpfe in der Ukraine vor "neuen Eskalationen". Zugleich bekräftigten die G7 ihren Beschluss, Moskau wegen der Krim-Annexion weiter von ihren Treffen auszuschließen. dpa

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