Korrupten Ärzten droht Haft

Berlin · Soll das Medikament nun dem Patienten helfen – oder doch eher dem Arzt, der vom Hersteller beschenkt wird? Bestochenen Medizinern droht künftig Gefängnis. Und nicht nur denen.

Korrupten Ärzten, Apothekern, Physiotherapeuten oder Pflegekräften drohen künftig bis zu drei Jahren Haft. Besonders schwere Fälle von Bestechung oder Bestechlichkeit werden sogar mit fünf Jahren Gefängnis geahndet. Das Kabinett verabschiedete gestern einen entsprechenden Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD ) gegen Korruption im Gesundheitswesen. Danach machen sich auch Pharmavertreter strafbar, die aktiv bestechen.

Patienten hätten ein Recht, das an Versorgung zu bekommen, was angezeigt und notwendig sei, sagte Maas im Anschluss an die Kabinettssitzung. Das sei zwar der Regelfall. Es gebe aber auch "schwarze Schafe" in den Heilberufen. Strafanträge können bei einem Verdachtsfall die Patienten selbst sowie Wettbewerber, Kammern und Berufsverbände stellen sowie die gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflegekassen.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, erklärte: "Wir haben ein Gesetz zur Bekämpfung der Korruption grundsätzlich befürwortet." Er befürchte aber, dass es zu Verunsicherungen kommen werde "bei der Frage, wann beginnt Korruption ", erläuterte Gassen. "Wichtig ist, dass Kooperationen, die für eine gute Patientenversorgung wünschenswert sind, nicht unter Generalverdacht stehen."

Maas erklärte: "Wir werden nichts unter Strafe stellen, was heute als berufliche Kooperation erlaubt ist." Ohne dies genauer beziffern zu können, geht Maas von einigen Milliarden Euro an Bestechung aus. Die Schätzungen seien sehr unterschiedlich, sagte er.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz vermutet sogar, dass der gesetzlichen Krankenversicherung durch Korruption jährlich 18 Milliarden Euro verloren gehen. Nach ihrer Einschätzung liegt die Schwäche des Gesetzesentwurfs darin, "dass Polizei und Staatsanwaltschaft in aller Regel nur auf Antrag ermitteln". Bei einem Anfangsverdacht sollten sie aber von sich aus tätig werden. "Deshalb brauchen wir in allen Ländern Schwerpunktstaatsanwaltschaften", forderte Stiftungs-chef Eugen Brysch. Bayern hatte bereits im Sommer 2014 einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt und zum 1. Oktober 2014 drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet.

Das Gesetz soll voraussichtlich 2016 in Kraft treten. Mit dem Entwurf soll eine Lücke geschlossen werden, auf die der Bundesgerichtshof 2012 hingewiesen hatte. Danach sind die geltenden Korruptionstatbestände des Strafgesetzbuches nicht für niedergelassene Ärzte anwendbar.

Meinung:

Schmiergeldim Kittel

Von SZ-KorrespondentWerner Kolhoff

Es ist ein gutes Zeichen, dass die organisierte Ärzteschaft erst gar nicht versucht hat, das Gesetz über die Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen zu verhindern. Denn Ärzte, die die Hand dafür aufhalten, dass sie ihre Patienten an bestimmte Fachkollegen oder Kliniken überweisen oder ihnen bestimmte Medikamente verschreiben, zerstören das Vertrauensverhältnis, das auf Seiten des Patienten geradezu blind ist und auch sein muss. Es geht also um ein schweres Verbrechen. Da verwundert an dem gestern beschlossenen Gesetz eigentlich nur, dass es so spät kommt. Wichtiger als die Strafandrohung wird allerdings sein, ob und wie das Delikt nun tatsächlich verfolgt wird.

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