„Verlässlichkeit ist auch ein wichtiges Signal“

Derzeit laufen bei CDU-Generalsekretär Peter Tauber (40) die Vorbereitungen für den ersten Bundesparteitag unter seiner Regie im Dezember auf Hochtouren. SZ-Korrespondent Werner Kolhoff sprach mit dem Hessen über die Situation seiner Partei.

Bisher hat die Union auch von der guten Wirtschaft gezehrt. Müssen Sie Ihre Politik wegen der schwachen Konjunktur ändern?

Tauber: Wir haben uns im Koalitionsvertrag vorgenommen, neun Milliarden mehr für Bildung und Forschung sowie sechs Milliarden mehr für die Infrastruktur bereitzustellen. Das muss jetzt alles umgesetzt werden. Es gilt: Investieren statt konsumieren. Darüber hinaus ist der Bundeswirtschaftsminister gefordert, ein Maßnahmenpaket vorzulegen, mit dem Wachstum und Innovationen gefördert werden können. Darauf warten wir jetzt.

Investitionen kosten Geld. Wäre es angesichts der Lage nicht angebracht, die zulässige Verschuldungsgrenze von 0,35 Prozent auszuschöpfen?

Tauber: Eine unserer zentralen Forderungen im Wahlkampf war der ausgeglichene Haushalt; viele haben uns deshalb gewählt. Der letzte Bundeshaushalt ohne Schulden war 1969. Kein Unternehmen, keine Familie würde es aushalten, über einen so langen Zeitraum permanent mehr Geld auszugeben als man hat. Es gibt für uns keine Veranlassung, von unserem Ziel abzuweichen.

Wird die schwarze Null nicht zur heiligen Kuh, wenn sie notwendige Handlungsmöglichkeiten des Staates in einer Krise blockiert?

Tauber: Der Staat kann die notwendigen Impulse ohnehin nicht allein tätigen. Denken Sie etwa an den Breitbandausbau. Wir brauchen in hohem Maße private Investitionen. Und für private Investoren ist politische Verlässlichkeit in der Haushaltspolitik auch ein wichtiges Signal.

Eine Reform der Mehrwertsteuer und die Abschaffung der Kalten Progression würden auch Impulse geben.

Tauber: Wir haben in der Union eine klare Reihenfolge: Erst der ausgeglichene Haushalt, keine Steuererhöhungen, und dann kümmern wir uns um die Kalte Progression. Es war immer ein Anliegen der Union, sie abzuschaffen - wir haben da das Copyright darauf. Nur brauchen wir dafür auch die Spielräume, und man darf nicht vergessen: Der Bundesrat muss zustimmen. Eine Mehrwertsteuerreform ist im Koalitionsvertrag nicht vereinbart.

Ist es in Wirklichkeit nicht so, dass Angela Merkel solche Reformen längst abgeschrieben hat, weil sie ruhig und ohne große Debatten regieren will?

Tauber: Da widerspreche ich energisch, allein mit Blick auf die Digitale Agenda. Was die Große Koalition da auf den Weg gebracht hat, hätte vor zwei Jahren niemand zu glauben gewagt. Datensicherheit, Netzneutralität, Breitbandausbau und Industrie 4.0 - das sind starke Reformimpulse. Und Angela Merkel treibt das voran.

Baut Wolfgang Schäuble die AfD gerade als Popanz auf?

Tauber: Nein, er benennt klar was diese Partei ist: In einer Zeit, in der die Welt sich so schnell ändert, wie sie es derzeit tut, kann eine politische Kraft, die nur mit den Ängsten der Menschen spielt, nicht an der Gestaltung der Zukunft mitwirken. Deswegen tut die Union gut daran, sich von der AfD abzugrenzen.

Die Union hat in Hamburg auch mit der Schill-Partei kooperiert. Werden wir noch vor der Bundestagswahl zum ersten Mal irgendwo eine Koalition der CDU mit der AfD erleben?

Tauber: Nein.

Nehmen Sie dem Koalitionspartner SPD übel, dass er in Thüringen einen Ministerpräsidenten der Linkspartei wählen will?

Tauber: Ich sehe es mit großer Sorge, denn das ist ein Tabubruch, der Thüringen massiv schaden wird. Zumal 25 Jahre nach dem Fall der Mauer manche in der Linkspartei noch immer Abgrenzungsprobleme zur SED haben.

Wächst deshalb auch in Berlin ihr Misstrauen gegenüber der SPD ?

Tauber: Ich sehe eher die Gefahr, dass die SPD in Thüringen mit dem Hintern einreißt, was die Partei in Berlin versucht mit uns aufzubauen. Wenn Herr Gabriel mit uns über eine wirtschaftsfreundliche Politik redet, gerade jetzt angesichts gesunkener Konjunktur-Erwartungen, und man zugleich liest, was der Wirtschaft in Thüringen unter einem linken Ministerpräsidenten droht, dann passt das einfach nicht zusammen.

Angela Merkel könnte bald genauso wie Horst Seehofer vor dem Problem stehen, geordnet abzutreten.

Tauber: Ich glaube eher, dass die Sozialdemokraten gerade Angst davor haben, dass sie 2017 wieder antritt.

Wird sie?

Tauber: (Grinst) Schaun mer mal.

Das ganze Interview steht unter www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

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