Ein Bild des Grauens

Dresden · Für zehn Menschen wird die Reise in die Heimat oder in die Ferne zur Fahrt in den Tod. Auf der Autobahn in Dresden reißt sie ein nächtlicher Horror-Crash aus dem Leben. Zurück bleiben Trümmer und Leid.

Zwischen Fahrzeugtrümmern liegen ein Domino-Spiel, ein Mini-Polizeiauto, Legosteine: "Das sind wohl Mitbringsel für die Familie", sagt Polizeihauptmeister Sven Korzus. Wenige Stunden nach dem schweren Busunglück ist die Unfallstelle auf der A 4 rund 500 Meter vor der Abfahrt Dresden-Neustadt ein Trümmerfeld. Und ein Bild des Grauens. Zwischen zerstörten Leitplanken liegt ein völlig zerfetztes Wrack, das einmal ein Kleinbus war, in dem neun Menschen saßen. Über die Fahrbahn verstreut liegen Trolleys, Taschen und Kartons zwischen Autositzen und -resten, Glassplittern, Essen, CDs mit polnischen Schlagern und Zeitschriften auf der Fahrbahn. Acht der neun Insassen hatten auf dem Weg in die Heimat keine Überlebenschance. Sie starben, als kurz vor zwei Uhr nachts ein aus der Gegenrichtung schleudernder, ebenfalls polnischer Doppeldecker durch die Mittelleitplanke brach, frontal in ihr Fahrzeug raste und es teilweise überrollte. Insgesamt starben bei dem Unglück zehn Menschen, 69 wurden verletzt, 39 davon schwer, neun Opfer schwebten am Sonntag noch in Lebensgefahr.

Am Sonntag erinnern nur noch Markierungen auf der Fahrbahn, plattgedrücktes Gras und abgerissene Leitplanken an die furchtbare Tragödie, die selbst erfahrene Retter wie Angela Otto vom Kriseninterventionsteam der Feuerwehr entsetzt. "Einen Unfall dieses Ausmaßes habe ich noch nie gesehen", sagt die 50-Jährige. Sie betreute viele unter Schock stehende Opfer. "Die vielen Toten und Verletzten - es war ein Bild des Grauens." Der Notruf ging am Samstagmorgen um 1.50 Uhr ein. 27 Rettungswagen rasten zur Autobahnbrücke über die Elbe. Den Rettern bot sich ein Bild der Zerstörung: Fotos zeugen von der Wucht des Aufpralls. "Es ist ein Wunder, dass so viele lebend aus dem Bus herausgekommen sind", sagt ein Fotograf beim Anblick des Wracks. Bis zum Morgengrauen waren 150 Feuerwehrleute und Rettungskräfte vor Ort, um Opfer zu bergen und Überlebenden zu helfen. Gestern beantragte die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den Fahrer des Busses. Er stehe im Verdacht der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung. Das Amtsgericht Dresden lehnte den Antrag am Abend ab.

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