Ein Stück Wagemut, das in der Schublade bleibt

Saarbrücken · Vor drei Jahren ging der Saarbrücker HTW-Professor Stefan Ochs mit dem Plan einer Saarbrücker Internationalen Bauausstellung in die Öffentlichkeit. Bis heute ist nichts daraus geworden – warum?

"Viele Schubladenplanungen", meinte Saarbrückens Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer jüngst bei der ersten öffentlichen Sitzung des Städtebaubeirates lapidar, seien der Öffentlichkeit nicht bekannt. Zwar gibt es seit sechs Jahren einen Stadtentwicklungsplan der Landeshauptstadt, der im Internet für jeden abrufbar ist - aber Schublade bleibt eben Schublade. Sofern es sich nicht um Großprojekte handelt wie die seit Jahren diskutierte Stadt-am-Fluss-Vision, werden Bau- und Gestaltungsvorhaben erst wahrgenommen, wenn es an deren Umsetzung geht. Weshalb vieles verpufft, erläuterte Wandel-Hoefer gleich mit: "Wenn Sie die Mittel nicht haben, können Sie bestimmte Dinge nicht umsetzen."

Ein Satz, der sich hierzulande mittlerweile auf vieles anwenden lässt. Die Schuldenbremse bremst Ideen aus. So auch die einer Internationalen Bauausstellung (IBA) mit zehnjähriger Laufzeit in der Großregion, die der Saarbrücker HTW-Architekturprofessor Stefan Ochs im Frühjahr 2012 ins Spiel gebracht hatte und bis heute verfolgt. Ochs verstand seinen Vorstoß als Chance für eine nachhaltige, verzahnte Stadt- und Landesplanung im Dreiländereck. Die bislang realisierten IBA-Projekte, allen voran die seinerzeit den Strukturwandel im Ruhrgebiet maßgeblich anstoßende IBA Emscher Park (1989-99), propagierten langfristige Strukturwandelmaßnahmen. Derzeit laufen IBA-Projekte in Basel (bis 2020), Heidelberg (2022) und Thüringen (2024). Ochs' löbliche Idee fiel im Saarland nicht auf fruchtbaren Boden. Fehlte es am Geld, am Wagemut (oder an beidem)?

Er rechnete damals mit Anschubkosten von rund einer Million Euro pro Jahr zur Finanzierung eines IBA-Büros, in dem Planer und Spezialisten aus den Bereichen Ökologie , Ökonomie und Soziales über eine Dekade hinweg multinational und interdisziplinär arbeiten und tragfähige Zukunftsmodelle für die Großregion entwickeln sollten. Würde Ochs' Ansatz heute, drei Jahre später, nicht wie die Faust aufs Auge der neuen "Frankreich-Strategie" der Landesregierung passen? Könnte die viel beschworene "Kernregion Europas" mittels einer solchen interregionalen Denkwerkstatt, sofern diese über ausreichend Bodenhaftung (sprich Realitätssinn) verfügte, nicht tatsächlich besser zusammenwachsen? Zehn Millionen Euro zur Finanzierung eines kreativen Ideenpools, verteilt auf zehn Jahre und drei Kooperationspartner (Saarland/Lothringen/Luxemburg) inklusive einer möglichen, 50-prozentigen EU-Bezuschussung aus dem neuen Interreg5a-Förderprogramm - wäre das die Sache nicht wert? Ochs behauptet, gleich drei führende Landespolitiker, denen er das Projekt erläuterte (Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, die damalige Umwelt- und heutige Wirtschaftsministerin Rehlinger, Europa- und Finanzminister Toscani), seien "angetan gewesen". Weil sie dessen Potenzial erkannt hätten.

Warum aber ist dann, obwohl das Land schon Mitte 2013 über Für oder Wider einer politischen Unterstützung des Ochs-Planes hatte entscheiden wollen, bis heute nichts passiert? Weil nie ein Interreg-Förderantrag gestellt worden und die Finanzierung ungeklärt gewesen sei, heißt es nun aus dem Wirtschaftsministerium, das die hiesigen Interreganträge betreut und prüft. Auch setze eine EU-Förderung neben einem luxemburgischen auch einen französischen Partner voraus, der nicht feststehe. Mit anderen Worten: Ochs hätte konkreter, fundierter werden müssen. Sicher, wer wie Ochs (IB)A sagt, muss auch B sagen. Andererseits: Lässt sich von einem Einzelnen verlangen, so ein Projekt im Alleingang zu sondieren?

Die neue EU-Interreg-Förderperiode (2014-2020) hat gerade begonnen. Zwei der vier gelisteten "Prioritätsachsen" wären kompatibel mit einem IBA-Projekt: Sowohl eine "Verbesserung der Lebensbedingungen" wie auch eine "Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Großregion" wäre mittels einer IBA womöglich einzulösen. Sollten sich nicht politische, wirtschaftliche, kulturelle Weggefährten finden lassen, um Ochs unter die Arme zu greifen? Zu wünschen wäre es ihm - und uns.

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