Vermächtnis auf sechs CDs

Saarbrücken · Nach 45 Jahren ist Schluss: Die Allman Brothers Band („ABB“) spielt Ende Oktober im New Yorker Beacon Theatre ihre letzten Konzerte. Der Grund: Die beiden Ausnahme-Gitarristen Derek Trucks (35) und Warren Haynes (54) wollen sich zukünftig nur noch um ihre Band-Projekte kümmern.

 ABB im Jahr 1970 (von links): Dickey Betts, Duane Allman, Greg Allman, Butch Trucks, Berry Oakley und sitzend Jaimoe Johanson. Foto: SZ Foto

ABB im Jahr 1970 (von links): Dickey Betts, Duane Allman, Greg Allman, Butch Trucks, Berry Oakley und sitzend Jaimoe Johanson. Foto: SZ Foto

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1971 gibt's nix zu überlegen: Die 29 Mark für das neue Doppel-Album "Live at Fillmore East" der Allman Brothers Band gehen über die Plattenhändler-Theke. Damit ist das monatliche Taschengeld futsch. Für den 14-jährigen Rock-Fan folgt eine längere finanzielle Durststrecke, für die Band aus Georgia/USA geht's steil bergauf. Denn diese Scheibe bringt endgültig den musikalischen Durchbruch.

Zwei Jahre zuvor: Die Brüder Gregg und Duane Allman stellen eine Formation zusammen, um musikalisch neue Wege zu gehen. Sie schaffen diese unverwechselbare harmonische Mischung aus Rock, Blues und einer Prise Country. Wie ein Fluss ist die Musik, der die Zuhörer auf ausgedehnte, abwechslungsreiche Trips entführt. Entspannt lassen sie sich auch heute noch genießen, die eingängigen und mittlerweile höchst vertrauten Titel, die stets Raum bieten für solistische Ausflüge. Vor allem die beiden Gitarristen machen davon rege und virtuos Gebrauch. Eindrucksvoll zu erleben bei Klassikern wie "In Memory of Elisabeth Reed" oder "Whipping Post", die 20, 30 Minuten lang Spannung aufbauen dürfen. Nichts wird in drei, vier Minuten gepresst.

Daher fällt es schwer, den Stil der Allmans-Band einzuordnen. Gern wird der Begriff Southernrock bemüht, den die Musiker selbst jedoch nicht schätzen. Schon die ungewöhnliche Instrumentierung lässt Ende der Sechziger aufhorchen: Zwei Schlagzeuger und ein zusätzlicher Percussionist sorgen für eine quick-lebendige Rhythmus-Basis, dazu Bass, die Sound bestimmenden Keyboards von Gregg Allman , der auch den Gesang beisteuert, und zwei Gitarren. Dickey Betts und Duane Allman , der bei einem Motorradunfall 1971 stirbt, sind die ersten, die die Gibson-Sechs-Saiter jubeln lassen. Noch heute tauchen die beiden in den Listen der Top-Gitarristen der Rockgeschichte auf, und mit den Auszeichnungen der Bandmitglieder ließe sich so manche Wand tapezieren.

Im Laufe von 45 Jahren gibt es einige Umbesetzungen, auch legt die Band mal Pausen ein. Aus der Anfangsbesetzung geblieben sind die beiden Drummer Butch Trucks (67) und "Jaimoe" Johanson (70) sowie Gregg Allman (66), der mit gepflegtem Vollbart und straff gebundenem Pferdeschwanz unterwegs ist. Drogengeschichten in den Siebzigern und tragische Schicksalsschläge sorgen für Schlagzeilen, aber Gregg Allman schafft es immer wieder, die Truppe zum Laufen zu bringen, obwohl er selbst unter starken gesundheitlichen Problemen leidet und sich vor vier Jahren einer Leber-Transplantation unterziehen musste. Aber auch das zäheste Durchhaltevermögen kennt Grenzen. Der 66-jährige hat jedenfalls das Ende der "ABB" erklärt.

Fans tröstet, dass "ABB" die legendären Aufnahmen aus dem Fillmore East neu veröffentlicht hat. Alle drei Konzerte, und nicht nur der 1971 herausgebrachte Zusammenschnitt, liegen nun mit sechs CDs als eine Art Vermächtnis in ungewöhnlich gestalteter Box vor.

Allmanbrothersband.com

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