Sponsoring-Streit: Land verliert Geduld

Saarbrücken · Seit mehr als eineinhalb Jahren kommt die Firma Kohlpharma ihren vertraglichen Sponsoring-Verpflichtungen für den Saarbrücker Museumsneubau nicht mehr nach. Ebenso lange laufen Einigungsversuche. Aber nur noch bis Dezember.

 Edwin Kohl (dritter von rechts) beim Spatenstich 2009 für den Vierten Pavillon. Mit dabei: R. Melcher, eine SR-Reporterin, A. Kramp-Karrenbauer, P. Müller und J. Schreier (v. links).

Edwin Kohl (dritter von rechts) beim Spatenstich 2009 für den Vierten Pavillon. Mit dabei: R. Melcher, eine SR-Reporterin, A. Kramp-Karrenbauer, P. Müller und J. Schreier (v. links).

Foto: Bellhäuser

Der Merziger Unternehmer und Kunstliebhaber Edwin Kohl ist ein impulsiver Mensch. Insofern wundert es, dass der zerrissene Sponsoring-Vertrag nicht längst bei der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz (SSK) eingegangen ist. Das Tischtuch ist schließlich schon vor drei Jahren zerrissen worden, als Kohl das Stiftungs-Kuratorium verließ. Anlass für den Verdruss: Kohl empfindet den "Skandalbau" Vierter Pavillon als geschäftsschädigend. Den 2011 eingesetzten Interimsvorstand Meinrad Maria Grewenig hält er gar für einen "Lügner", verantwortlich für den Millionenkosten verursachenden Baustopp. Grund genug für einen Vertragsausstieg? So einfach liegen die Dinge juristisch nicht. Kohl pharma hat zwar im März 2013 den Vertrag aufgekündigt - trotzdem laufen seitdem "konstruktive Gespräche" mit der Stiftung. Letztere will Kohl pharma zu einer Rückkehr bewegen. Ansonsten steht ihr nur der Klageweg offen. Gegen einen Sponsor, das hätte womöglich abschreckende Wirkung auf andere. Eine neuerliche Prozess-Streit-Show will sich die Landesregierung offensichtlich sparen. Darf sie das? Der Stiftungsvorstand jedenfalls steht in der Haftung, wenn er Geld, das der Stiftung zusteht, nicht eintreibt. Stiftungschef Roland Mönig teilt dazu mit: "Üblicherweise leitet man erst rechtliche Schritte ein, wenn die Einigungsversuche gescheitert sind, was (…) nicht gegeben ist."

Wegen "Verschwiegenheitsklauseln" im Vertrag geben weder Kohlpharma noch die Stiftung Auskunft über den Stand der Verhandlungen. Die SZ erfuhr jedoch aus zuverlässiger Quelle, dass das Kultusministerium die letzte Runde eingeläutet hat. Man wolle sich nicht länger von Kohlpharma hinhalten lassen, heißt es. Noch im Dezember werde eine Klärung herbeigeführt. Nur noch ein Gesprächstermin ist, so SZ-Informationen, geplant, der letzte. Danach soll rechtlich geprüft werden, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hat. Diese Verschärfung der Vorgehensweise soll am Dienstag auch die Billigung im Kabinett gefunden haben.

Worum geht es finanziell? Kohlpharma wollte für die Stiftung 1,8 Millionen Euro Zinszahlungen für einen Kredit übernehmen. Bis 2014 sollten nach SZ-Recherchen rund 900 000 Euro an die Stiftung fließen. Gezahlt hat Kohlpharma 2012 erst eine Rate: 305 000 Euro. Der Stiftung fehlen also rund 600 000 Euro, mit denen sie fest gerechnet hatte und die sie jetzt selbst aufbringen muss.

Vor welchem Hintergrund spielt der Sponsoren-Streit? Es menschelt. Bekanntlich fühlt sich Kohl dem über die Pavillon-Affäre gestürzten Ex-Vorstand Ralph Melcher verbunden, der ihn intensiv in die Bau-Planungen eingebunden hatte. Kohl beschäftigte Melcher sogar zeitweise in seinem Unternehmen. Kohl sieht den Museumsmann als "Bauernopfer" von Politikern, die sich aus der Verantwortung stehlen.

Piraten und Grüne im Landtag teilen diese Ansicht zum Bau-Debakel. Deshalb stößt sein Rückzug dort auf Verständnis. Kohl hätte sich für das ursprüngliche Architektur-Konzept engagieren wollen, doch dieses werde nicht mehr realisiert, heißt es. Den Klageweg fordert nur Heinz Bierbaum für die Linke: "Die Landesregierung versucht, Aufsehen zu vermeiden. Doch Gespräche nützen nichts. Kohl muss zu seinen Verpflichtungen stehen, er muss zahlen."

Meinung:

Souveränität tut Not

Von SZ-Redakteurin Cathrin Elss-Seringhaus

Vermutlich müssen demnächst Juristen bewerten, ob die Schieflage eines Projektes Grund genug ist, um eine Sponsoring-Verpflichtung loszuwerden. Egal, wie sie entscheiden - Kohl pharma tut sich nichts Gutes, wenn es als unzuverlässiger Vertragspartner in die Schlagzeilen gerät. Die Praxis lehrt zudem, dass der Grundsatz "Wer zahlt, der darf auch bestellen" im Kultur-Sponsoring nicht gilt. Auch ist ein Rückzug wegen "Geschäftsschädigung" unüblich. Selbst Radeberger oder BMW engagieren sich weiter beim Katastrophen-Bau Elbphilharmonie. Fragwürdig macht Kohls Agieren jedoch vor allem die Vorgeschichte, die eine Be-strafungsabsicht nahe legt. Es mag dem Unternehmer schwerfallen, sich mit dem neuen Baukonzept zu identifizieren. Man wünscht ihm die Souveränität dazu.

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