Von Fassbinder und Fellini

Saarbrücken · Mit Fassbinder und Fellini, unter anderem, hat der Filmproduzent Michael Fengler (74) gearbeitet. Der Kunsthistoriker und Germanist war auch als Autor und Regisseur tätig, war Geschäftsführer des Filmverlags der Autoren und hat als Co-Regisseur von Fassbinders „Warum läuft Herr R. Amok?“ den Deutschen Filmpreis erhalten. Heute Abend ist er zu Gast im Kino Achteinhalb.

 Filmproduzent und Autor Michael Fengler. Foto: Fengler

Filmproduzent und Autor Michael Fengler. Foto: Fengler

Foto: Fengler

"Da war ich in Rom plötzlich der große Mogul aus dem fernen Deutschland", sagt Michael Fengler und lacht - ganz so ernst meint er das nicht. Aber es gab 1978 durchaus einen Moment, als der deutsche Produzent an allen Filmen beteiligt war, die gerade in den legendären römischen Cinecittà-Filmstudios enstanden. "Aber das waren bloß drei - das italienische Kino lag damals völlig am Boden." Einer der Filme war "Orchesterprobe" von Federico Fellini , mit dem Fengler erinnerungswürdige Momente erlebte. "In seinem Büro zeigte er mir seinen legendären Scheck, dem ihm der US-Verleih von ‚La dolce vita' geschickt hatte - über 72 Dollar." So viel US-Gewinnbeteiligung an seinem Welterfolg gab es für Fellini, ein klassischer Fall der sogenannten kreativen Buchführung.

Die Dreharbeiten an "Orchesterprobe" waren für Fengler "extrem faszinierend. Das Team hatte mit Fellini schon alle Filme zuvor gedreht, das war eine Riesenfamilie, die der Altmeister souverän dirigiert hat. Alle wussten, was dem Maestro gefällt."

Fengler finanzierte Fellinis Gesellschaftssatire zusammen mit dem italienischen Co-Produzenten, einem der wenigen seriösen am Tiber, wie Fengler findet. "Da saßen schon einige Gangster herum, das ist heute wahrscheinlich auch noch so." Um kreativen Einfluss ging es damals nicht, "die Kreativangelegenheit in einem Fellini-Film besteht darin, dass man es entweder gut oder schlecht findet, was er da tut".

Enger und länger war die Zusammenarbeit mit Rainer Werner Fassbinder , den Fengler kennenlernte, als Fassbinder, damals 16, dieselbe Schauspielschule wie Fenglers damalige Freundin besuchte. Offensichtlich war es nicht, das enorme Regietalent, "er war leicht verschüchtert und litt an schwerer Akne". Fengler führte Co-Regie bei ersten Filmen Fassbinders, war am Schnitt beteiligt, spielte mit und produzierte dessen Werke, von "Stadtstreicher" (1966) über "Die Ehe der Maria Braun" (1978) bis zu "Querelle" (1981). Eine produktive Zeit, wenn auch mit Rückschlägen. Fengler hatte die Rechte an Döblins "Berlin Alexanderplatz" gekauft, doch Fassbinder ließ das Projekt nicht von Fenglers Firma produzieren, sondern lieber von der größeren Bavaria. "Das war schon ein Bruch, da waren wir kurzzeitig verkracht", erzählt Fengler, "‚Querelle' habe ich dann wieder produziert, aber das war schon sein letzter und leider nicht sein bester." Fengler ist heute überrascht, welches langlebige Renommee Fassbinder besonders im Ausland genießt, "aber ein bisschen in der Art von Klassikern, deren Namen man kennt, aber sie sich nicht unbedingt anschaut".

Eine Großtat des "Neuen Deutschen Films" war 1971 die Gründung des "Filmverlags der Autoren", ein Zusammenschluss von Kreativen, geboren aus der Not - Fengler war Mitgründer und für ein paar Jahre der Geschäftsführer . "Das deutsche Kino war damals völlig im Eimer", erzählt er, "die großen Erfolge waren Softporno- und Fummelfilme wie der ‚Schulmädchenreport', Teil eins bis sieben." Da ein anderes, unkommerzielles Kino auf den Weg zu bringen, war fast unmöglich. Deshalb taten sich ein Dutzend Regisseure und Produzenten zusammen, darunter Wim Wenders , Hark Bohm , Hans W. Geissendörfer, und gründeten gleich noch einen Filmverleih, weil sich große Verleihe und große Kinos nicht um das Neue Deutsche Kino rissen.

Einige Jahre lief es gut, und sogar einige relative Publikumserfolge entstanden in dieser Zeit, etwa Wenders' "Der amerikanische Freund". Doch "irgendwann schlief das Ganze ein", Fengler machte sich selbständig und produzierte vor allem die locker-lässigen Komödien von Klaus Lemke wie "Arabische Nächte" mit Cleo Kretschmer. Aus alter Freundschaft schaut sich Fengler, der heute nicht mehr als Produzent aktiv ist, alle neuen Filme des unermüdlichen Lemke an. Als Mitglied der Deutschen Filmakademie bekommt Fengler in jedem Jahr Hunderte DVDs deutscher Filme auf den Tisch, die er sich alle anschaut. Begeistert ist er weniger. "Naja, da sind immer so drei bis fünf Filme dabei, die ich wirklich gut finde. Das ist eine geringe Quote - aber immerhin."

Heute Abend ab 20 Uhr läuft im Kino Achteinhalb Fellinis "Orchesterprobe". Michael Fengler ist dabei und wird über den Film und seine Arbeit sprechen.

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