Die Entdeckung der Sanftheit

Neunkirchen · Unermüdlich wie keine andere saarländische Jazz-Formation touren die Gitarristin Susan Weinert und ihr Mann, der Bassist Martin Weinert, seit Jahrzehnten durch die europäischen Jazz-Clubs. An diesem Freitag startet ihre neue Akustik-Tour – in Völklingen.

 Susan und Martin Weinert – der Bassist im neuen Look ohne Kopftuch. Foto: Bellhäuser

Susan und Martin Weinert – der Bassist im neuen Look ohne Kopftuch. Foto: Bellhäuser

Foto: Bellhäuser

Finanziell auf Rosen gebettet waren Jazz-Profis in Deutschland nie. Mittlerweile ist es für viele jedoch kaum noch möglich, über die Runden zu kommen. Etliche Jazz-Clubs mussten in den vergangenen Jahren schließen, die meisten verbliebenen kommerzialisieren ihr Programm zusehends. Fördergelder werden ohnehin rarer, kurz: Die Auftrittsmöglichkeiten für Musiker brechen weg, vielen bleibt als einziges Standbein das Unterrichten.

Vor diesem Hintergrund wirken Susan und Martin Weinert fast schon wie Exoten. Die Gitarristin aus Neunkirchen und ihr Bass spielender Ehemann geben zwar ebenfalls hin- und wieder Workshops, in erster Linie aber leben sie von Auftritten und dem Verkauf ihrer CDs. Das ist auch der Grund, warum man das Paar mit seiner zwischen 80er-Jahre-Rock-Fusion und intimer Kammermusik pendelnden, nur schwer stilistisch auf den Punkt zu bringenden Musik leichter als viele ihrer saarländischen Kollegen aus den Augen verliert: Die beiden sind eben ständig unterwegs, bedienen ein Publikum, das sie sich über Jahrzehnte hinweg in ganz Europa erspielt haben. Gerade erst von CD-Aufnahmen aus Oslo zurückgekehrt, packen sie schon wieder die Koffer: 26 Konzerte führen das Paar in den kommenden acht Wochen vom schwäbischen Kirchheim /Teck bis nach Lübeck. "Natürlich", sagt Martin Weinert, "darf man sich das nicht so vorstellen, dass wir Zuhause im Liegestuhl liegen und uns von einem Manager Angebote vorlesen lassen". Die Akquise sei harte Arbeit, aber das Paar könne mittlerweile glücklicherweise auf ein großes Netzwerk an Kontakten zurückgreifen.

Auf der neuen Tournee, die an diesem Freitag in Völklingen startet, werden die beiden in unterschiedlichsten Besetzungen zu erleben sein - vom intimen Duo bis zum Quartett mit Saxofonist Andrzej Olejniczak und Schlagzeuger Florian Schneider. In jedem Fall bleiben E-Gitarre und E-Bass zuhause. Die allgemeine Rückbesinnung im Jazz zu akustischen Formationen hat vor einigen Jahren auch bei den Weinerts zu einer Neuorientierung geführt. Es gebe einfach zu wenig frische Impulse im Fusion-Bereich, findet Martin Weinert. Das Publikum feiere alte Heroen wie Chick Corea und Stanley Clarke , ansonsten stagniere das Genre weitgehend. Was auch einem veränderten Publikumsgeschmack geschuldet sei. Die Reizüberflutung durch die elektronischen Medien habe bei vielen ein Bedürfnis nach ruhigen Klängen geweckt, vermutet Weinert.

Ein Bedürfnis, dem auch die Weinerts Rechnung tragen. Vorbei die Zeiten krachender Rock-Beats und extravaganter Verzerrer. Man habe ganz neue Entwicklungsmöglichkeiten durch die Rückbesinnung auf den Akustik-Sound entdeckt, sagt Weinert, "es war wie ein Tor, das aufgestoßen wurde". 2007 produzierten die Weinerts mit "Tomorrow's Dream" ein reines Duo-Album in Gitarre/Kontrabass-Besetzung, 2010 nahmen sie für "Thoughts & Memories" noch den Perkussionisten David Kuckhermann mit ins Studio; im vergangenen Jahr folgte das vielleicht eigenwilligste Projekt, eine Vertonung klassischer Liebesgedichte mit dem Rezitator Mathias Jung.

Bei den nun anstehenden Konzerten werden erstmals auch Stücke der gerade erst eingespielten CD "Fjord" zu hören sein, die nächstes Jahr erscheint. Ein Album, mit dem Susan und Martin Weinert - unterstützt von prominenten Gästen wie der Sängerin Torun Eriksen und den Pianisten Leszek Mozdzer und Julia Hülsmann - ihren Akustik-Weg konsequent weiter verfolgen. Es sei das bislang sanfteste Album geworden, findet Martin Weinert. "Es atmet wirklich eine innere Ruhe."

Am Freitag, 3. Oktober, spielen die Weinerts mit Sänger Francesco im Völklinger Alten Rathaus (Beginn: 19.30 Uhr); am 11. Oktober, 20.30 Uhr, sind sie mit ihrem "Global Players 4tet" in der Stummschen Reithalle in Neunkirchen . Infos: www.nk-kultur.de

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