In Merzig eröffnet das einzige private Kunstmuseum des Saarlandes

Merzig · Seit fast 40 Jahren sammelt der Merziger Internist Martin Zimmer Werke der Neuen Wilden, den Schwerpunkt bildet das Frühwerk Rainer Fettings. Aus eigener Tasche hat Zimmer ein Museum an sein Wohnhaus angebaut. Blick auf ein Abenteuer.

 Martin Zimmer in seinem privaten Museum in Merzig. Foto: Iris Maurer

Martin Zimmer in seinem privaten Museum in Merzig. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Man muss so gelassen und geduldig, so risikofreudig und vielleicht auch so naiv sein wie Martin Zimmer (66), um ein solches Projekt anzugehen: Wir bauen dann mal ein Museum. Denn: "Bilder sind kein persönlicher Besitz. Sie müssen angeschaut werden. Man darf sie nicht verstecken." Das genügt als Philosophie. Und: "Schon als Kind wollte ich mit den Meistern leben und im Museum wohnen." Damit erklärt sich Zimmers Wohn- und Lebensstil.

100 Werke - hauptsächlich der kürzlich durch das Frankfurter Städel wieder entdeckten Neuen Wilden (Hödicke, Salome, Middendorf) - hat das Ehepaar Zimmer in fast 40 Jahren Sammlertätigkeit zusammengekauft, davon 50 Gemälde allein von Rainer Fetting , der darüber zu einem Freund der Familie wurde. Obwohl schon das 500-Quadratmeter-Wohnhaus der Zimmers großzügig wie eine Galerie konzipiert wurde, obwohl auch dort überall Großformate hängen, plante das Ehepaar einen Anbau. 500 000 Euro waren 2009 für ein 360-Quadratmeter großes Fetting-Museum vorgesehen. Doch dann wuchs die Museumsfläche auf 480 Quadratmeter, rund eine Million Euro hat Zimmer laut eigenen Angaben mittlerweile reingebuttert. Auf der langen Wegstrecke ging ihm schon mal das Geld aus, ein jahrelanger Rechtsstreit um eine dauerdefekte Lichtanlage musste durchgefochten werden, die Ehe geriet ins Trudeln (und fing sich wieder), Wassereinbrüche waren zu bewältigen. Soweit die Krisen von gestern, doch nun ist die Zukunftsflagge gehisst.

Noch verrät kein Plakat oder Schild in der Hilbringer Hollandstraße den Weg. Wer ahnt, dass hier eine kleine Sensation vonstatten geht? Das erste private Kunstmuseum des Saarlandes soll noch in diesem Jahr eröffnen. Gebaut mit Eigenmitteln, gehängt ohne Expertenrat, unterhalten und betrieben durch das Sammlerpaar selbst. Sprich: Zimmer fungiert als Architekt, Kurator, Museumsführer und Aufsicht in einer Person. "Ich bewältige das zwischen Improvisation und Chaos", sagt Zimmer. Und untertreibt. Der Mediziner hat sich zum Kunstexperten hochgelesen, davon zeugt eine beachtliche kunsthistorische Bibliothek. Doch Zimmer theoretisiert nicht gern: "Über Bilder muss man nicht sprechen. Sie sprechen mit uns." Im Falle Fettings direkt und schrill. Die Zimmers haben für die farbglühenden Werke eine professionelle Atmosphäre geschaffen.
Wer will, darf rein

Das Ganze hat etwas Abenteuerliches, und ob es sich lange durchhalten lässt? Zuerst heißt es mal anfangen. "Wer will, kann jetzt schon kommen", sagt Gudrun Zimmer. Sie freut sich auf den Austausch mit Menschen, die auf die Gemälde Fettings anspringen. Wie etwa Charlotte Britz, Saarbrückens Oberbürgermeisterin. Zum Großstadtjubiläum 2009 holte sie sich Zimmers Sammlung in die Congresshalle - und lebt bis heute mit einer Leihgabe in ihrem Büro.

Sechsstellige Summen kosten gute Fetting-Gemälde. Die Zimmers kauften sie noch zu angenehmeren Preisen, doch sie lebten, wie sie erzählen, mit einem notorisch überzogenen Konto. "Man muss Bilder kaufen, wenn man sie toll findet, nicht, wenn man Geld hat", lautet ihr Motto. Deshalb ist auch ihr Lebensstil eher bescheiden: kein Golfsport, keine Luxus-Klamotten, keine Gourmetessen, kaum Urlaub. Wobei die Zimmers die Sammlertätigkeit eingestellt haben. Vom hochwertigen Fetting-Frühwerk sei kaum noch was auf dem Markt, sagt Zimmer. In Hilbringen hänge sowieso der Löwenanteil davon. "Auch Genialität ist beschränkt", sagt Zimmer, "wie viele gute Bilder malt ein Künstler?" Der Ehrgeiz richte sich nicht auf die Masse, sondern auf die Klasse von Bildern: "Man will das Beste erkennen und erwerben." Und Fehlkäufe gehörten zu einer Sammlung: "Man zweifelt immer wieder und findet manches fürchterlich, aber verkaufen? Hergeben kann man nichts." Im Museum hängt die eigene Biografie.

Zum Thema:
Das Fetting-Museum (Hollandstraße 10) soll nach seiner offiziellen Eröffnung - der Termin ist noch offen - immer sonntags frei zugänglich sein, an anderen Tagen nach Vereinbarung. Bereits jetzt sind Besuche auch für Schulklassen möglich: Tel. (01 57) 33 68 93 86 oder prazim@web.de. Rainer Fetting ist eine Hauptfigur des Neoexpressionismus, der die Kunstszene mit greller figurativer Malerei Ende der 80er Jahre im Sturm eroberte. Hauptmotive waren homoerotische Szenen oder die Großstadt. Als bedeutend gilt Fettings Frühwerk (Mauer-, Van-Gogh- und Dusch-Bilder), es bildet den Schwerpunkt der Merziger Sammlung. Fettings populärstes Werk ist die riesige Willy-Brandt-Statue in der SPD-Parteizentrale in Berlin. ce

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