Große Geschichtsreise: Saarbrücker Vortrag über Richard Wagner

Saarbrücken · „Politik und Ästhetik im musikalischen Drama Richard Wagners“ lautete der Titel eines Vortrags in der Saarbrücker Union Stiftung – doch was Referent Klaus Velten bot, war laut Stiftungs-Hausherr Rudolf Warnking eine „Reise durch die Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts“.

Mit spürbarer Faszination verfolgten die zahlreich erschienenen Zuhörer, wie der junge Wagner durch Feuerbachs Religionskritik beeinflusst wurde und angesichts der vom Vormärz geprägten Bewegung des "Jungen Deutschland" um Laube, Gutzkow und Herwegh zur Überzeugung gelangte, die Kunst müsse sich in den Dienst der Politik stellen. Was spätestens in der Revolution von 1848 in dem Briefzitat kulminierte: "Ich schreibe keine Opern mehr."

Weg führt zu Sozialisten

Velten zeigte, dass dieser Weg fast zwangsläufig zu den Sozialisten seiner Zeit wie Wagners Kollegen Röckel führen musste, ja sogar zu den Anarchisten wie Proudhon ("Eigentum ist Diebstahl") und Bakunin, und demonstrierte, wie all das sich in Wagners Libretti und seinen theoretischen Schriften ausprägte. Wie Wagner dann den Schritt aus der politischen Nähe in die ästhetische Distanz tat, welche Überlegungen ihn zu mythischen Stoffen führten und, nach der späten Schopenhauer-Lektüre, zu jenem erstaunlichen Brief an Liszt: "Erst so verstand ich meinen Wotan." Die Rezeptionsgeschichte von Nietzsche bis Adorno führte zu Veltens Empfehlung, die auch der anschließenden Diskussion galt: Statt rauschhaftem "Erleben" von Wagners Musik gründliches Studium seiner Quellen.

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