„Viele dachten, dieser Pop-Typ macht auf Jazz“

Cicero: · Bekannt ist Roger Cicero (44) für Big-Band-Swing und deutsche Texte, die sich sehr gerne um Liebe, Mann und Frau drehen – auf Alben wie „Männersachen“ und jüngst „Was immer auch kommt“. Jetzt lässt er die Big Band zuhause und geht unter dem Motto „The Roger Cicero Jazz Experience“ mit einem Trio auf Tournee. Der ausgebildete Jazzsänger singt Standards und vor allem eigene Lieblingsstücke aus dem Feld der Popmusik in Englisch. SZ-Redakteur Tobias Kessler hat mit Cicero über dieses Nebenprojekt gesprochen.

 Roger Cicero geht in ungewohnt kleiner Besetzung auf Tournee und frönt seiner Liebe zum Jazz. Foto: Mathias Bothor

Roger Cicero geht in ungewohnt kleiner Besetzung auf Tournee und frönt seiner Liebe zum Jazz. Foto: Mathias Bothor

Foto: Mathias Bothor

Sie treten im Rahmen der Musikfestspiele Saar auf, die sich in diesem Jahrgang Polen widmen. Gibt es in Ihrem Programm Bezüge zu Polen ?

Cicero: Nein, mit Polen hat das musikalisch eigentlich nichts zu tun, ich spiele nur im Rahmen des Festivals.

Was werden Sie spielen?

Cicero: Eine Mischung meiner Lieblingstitel von Künstlern wie Bob Marley , den Beatles, Stevie Wonder , James Taylor oder Nick Drake . Diese Stücke spielen wir in sehr schönen Jazz-Arrangements.

Wie stark bearbeiten Sie die Stücke - und wie erkennbar werden sie sein?

Cicero: Das variiert stark - manchmal sehr gut erkennbar, manchmal deutlich schwerer. Ein Stück gegen den Strich zu bürsten, ist ja ein großer Spaß.

Sie haben das Programm 2013 erstmals gespielt, auch bei Jazzfestivals. Waren die Puristen, die einen "Jazz der reinen Lehre" bevorzugen, skeptisch?

Cicero: Sicher dachten da manche: Jetzt kommt dieser Pop-Typ und macht einen auf Jazz . Aber die Zweifel konnten wir schnell ausräumen, schließlich sind wir Jazzmusiker. Umgekehrt waren vielleicht auch Fans meiner Big-Band-Alben im Publikum, die vergeblich gehofft haben, dass ich so etwas wie "Zieh die Schuhe aus" spiele. Aber bisher haben wir immer das gesamte Publikum beseelt nach Hause geschickt. Ganz sicher konnten wir uns vorher da nicht sein. Auch die Veranstalter waren anfangs skeptisch, als wir sagten: "Wir haben ein englischsprachiges Jazzprogramm auf die Beine gestellt - bucht uns mal bitte."

Ist ein Nebenprojekt wie Ihre "Jazz Experience" auch in gewisser Weise entspannend?

Cicero: Ja, das ist sehr angenehm. Hier geht es nur um die Musik ohne große Showeinlagen oder große Lightshow oder Video-Einspieler. Und es ist nicht der Druck da, riesige Arenen füllen zu müssen.

Wird es auch musikalische Verweise an Ihren Vater Eugen Cicero geben, den legendären Pianisten?

Cicero: Natürlich, mein Vater hat ja auch Jazz gespielt, im weitesten Sinn.

Kritiker haben seinen Jazz meist in der Unterhaltungsmusik eingeordnet und nicht im Bereich der Ernsten Musik. Gibt es in Ihren Augen diese zweifelhafte E- und U-Musik-Unterscheidung immer noch?

Cicero: Die gibt es leider immer noch, aber sie interessiert mich nicht sonderlich. Aber für meinen Vater war sie ärgerlich, weil er mit seiner Art Musik - er hat klassische Musik verjazzt - genau zwischen den Stühlen stand. Bei der Verwertungsgesellschaft Gema waren seine Alben als U-Musik angemeldet. Das war für ihn unverständlich, und es ging für ihn auch um bares Geld, weil E-Musik von der Gema viel höher vergütet wird. Das gilt für den Jazz leider nicht.

Kommerziell gibt es in dem Feld jüngst einige Erfolge außerhalb des Jazz-Publikums. Wie hat Ihnen das Swing-Album von Tony Bennett und Lady Gaga gefallen?

Cicero: Großartig. Bennett ist einer der Großen, und dass Lady Gaga eine gute Musikerin ist, war ja kein Geheimnis.

Spielt bei den Jazzausflügen von Lady Gaga oder Robbie Williams auch eine Sehnsucht nach einer Ära mit, die viel Stil besaß - nicht zuletzt dank Sinatra und seines "Rat Pack" in Abendgarderobe auf der Bühne?

Cicero: Sicher, das war eine ganz andere und schöne Zeit, aber ich sehe da kaum Verbindung zu unserem Programm. Wir spielen nicht nur Swing, sondern es wird sehr jazzig, sehr modern. Uns geht es nicht vorwiegend um diese äußere Coolness.

Können Sie bei einem Jazzkonzert stimmlich mehr zeigen als bei Ihren Popkonzerten?

Ja, die Bandbreite ist da größer, mit Scatgesang und mit Kopfstimme. Wenn ich mit meiner Big Band unterwegs bin und in Deutsch singe, stehen der Text und die Geschichte stärker im Vordergrund, den Text muss ich absolut verständlich singen. Das Englische beim Jazzprogramm gibt da mehr Freiheit. Die Sprache ist biegsamer, man kann musikalischer mit ihr umgehen, spielerischer - und das werden wir tun.

Konzert: Samstag, 6. Juni, 20 Uhr, St. Wendel, Open Air "Auf der Mott". Karten unter: Tel. (02 31) 917 22 90, www.musikfestspielesaar.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort