Existenzielle Grenzgänge

Gedichte aus dem Nachlass des luxemburger Lyrikers Jean Krier sind jetzt in dem Sammelband „Eingriff, sternenklar“ erschienen. Heute wird er im Saarländischen Künstlerhaus vorgestellt.

 Der 2013 verstorbene Lyriker Jean Krier. Foto: Boschstiftung/Ives Noir

Der 2013 verstorbene Lyriker Jean Krier. Foto: Boschstiftung/Ives Noir

Foto: Boschstiftung/Ives Noir

"Schriftlich ist hier zu erwarten nichts mehr" - so endet eine Verszeile in einem der jetzt postum veröffentlichten Gedichte des vor zwei Jahren verstorbenen luxemburger Lyrikers Jean Krier. Die jetzt in dem wundervollen kleinen Leipziger Verlag "Poetenladen" erschienene Sammlung später und leider auch "letzter" Gedichte enthält eine Reihe von Poemen, von denen einige bereits in renommierten Zeitschriften wie "Sinn und Form" veröffentlicht wurden. Sie stehen alle unter dem Eindruck der schweren Erkrankung Kriers, sie bewegen sich thematisch an der Grenze zum Jenseits, ohne die "condition humaine" des diesseitigen Lebens zu ignorieren. Die Natur spielt mit in den Gedichtzeilen, Katzen, die Schweizer Berge, das Meer, das Krier von der bretonischen Halbinsel Crozon besungen, auch bedauert hat. Der Dichter hatte in Freiburg im Breisgau Germanistik und Anglistik studiert. In dieser Stadt ist er auch gestorben. Als Luxemburger ist er von Geburt (1949) an zweisprachig. So fließen in seine auf Deutsch geschriebenen Gedichte immer wieder kleine, im Dienste des Rhythmus und des Esprit des Verses stehende französische Satzfetzen ein.

Zu Kriers Lyrik gehört seine doppelte Muttersprache. In ihr kann er alle Schmerzen seiner existenziellen Grenzgänge ausdrücken. Leser seiner Gedichte folgen ohne Schwierigkeiten dieser luxemburger Variante deutsch-französisch-sprachiger Literatur: "Und schlag mir das aus dem Kopf, herzhaft, stimmlos: / letzte Worte, die bleiben stecken im Hals - allez, on verra."

Der Leser versteht den Gesang von der Endlichkeit, der Vergeblichkeit, auch der politischen Fragwürdigkeit der Existenz, wenn er im Gedicht "St. Peter im Schwarzwald" liest: "... ich bin so froh in Deutsch / Land zu sein - erst gehängt, dann verbrannt."

Da steht nicht nur etwas über die eigene Krankheit, da klingt auch Vergangenes mit. In einem lesenswerten Nachwort gibt der Herausgeber Michael Braun manchen Schlüssel zur Poetologie Kriers an die Leser weiter: So klar der Dichter ausdrückt, in welch beklemmender Nähe er zu den letzten Fragen menschlicher Existenz steht, so kunstvoll bringt er sie zu Papier. Deshalb liest man Kriers Gedichte gern. Man weiß ja um die Sterblichkeit und wohl auch um manche Dürftigkeit des Lebens. Jean Krier: Eingriff, sternklar. Gedichte aus dem Nachlass, hrsg. von Michael Braun . Poetenladen Verlag, 88 S., 17,80 Euro.

Buchvorstellung: Heute Abend, 20 Uhr, im Saarländischen Künstlerhaus in Saarbrücken (Karlstr. 1).

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