Windräder sind eine Todesfalle für Fledermäuse

Berlin · Bei der Windkraft zählt Deutschland zu den Vorreitern in der Welt. Doch die großen Propeller sind für Fledermäuse ein tödliche Gefahr, warnen Forscher. Dabei stehen diese Tiere unter strengem Schutz.

Deutschland setzt auf die Windenergie . Bis zum Jahr 2020 soll die Ausbeute noch einmal um 30 Prozent erhöht werden. Doch der Boom der Windräder hat eine gefährliche Nebenwirkung. An diesen Anlagen verunglücken Fledermäuse . Berliner Forscher um den Biologen Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) schätzen im Fachblatt "European Journal of Wildlife Research", dass an den Anlagen in Deutschland in jedem Jahr mehr als 250 000 Fledermäuse umkommen könnten, wenn die riesigen Propeller ohne Rücksicht auf den Naturschutz betrieben werden. Das Massensterben der Fledermäuse ist bedrohlich, da viele einheimische Arten auf der Roten Liste stehen.

Die Berliner Forscher haben verschiedene Studien zu diesem Thema ausgewertet. Deren Schätzungen zur Zahl der getöteten Fledermäuse klaffen allerdings sehr weit auseinander - die Zahlen reichen von unter 100 000 bis zu über 400 000 getöteten Tieren. Vermutlich erfülle nur ein Bruchteil der aktuell rund 24 000 Windkraftanlagen die entsprechenden Auflagen, teilte das IZW mit.

Bereits in der Planungsphase für die Anlagenparks muss in Gutachten festgestellt werden, ob sie in den Einflugschneisen von Fledermäusen liegen. Sollte dies der Fall sein, müssen die Betriebszeiten der Windräder an den Flug der Fledermäuse angepasst werden. "Die Betreiber sind dann nach europäischen und deutschen Recht verpflichtet, die Windanlagen ab gewissen Windstärken und Temperaturen abzuschalten", erklärt Voigt.

Die Tiere fliegen für gewöhnlich in der Dämmerung, wenn Temperaturen ab zehn Grad herrschen und die Windgeschwindigkeit sieben Meter pro Sekunde beträgt. Allerdings gelten diese Auflagen nicht für Anlagen, die älter als 20 Jahre sind. Überdies besteht das Problem, dass der Massentod der Tiere nicht umgehend angezeigt wird, falls ein Betreiber die Auflagen verletzt.

Jedes Windrad, das ohne Rücksicht auf den Naturschutz betrieben wird, verursache statistisch den Tod von zehn bis zwölf Fledermäusen im Jahr, veranschlagen die Forscher. Wie viele Tiere an einem Windrad tatsächlich getötet werden, können sie allerdings nicht feststellen. Sie stützen sich bei ihren statistischen Angaben auf das Ergebnis von Suchaktionen unterhalb von Windrädern. Dort werden allerdings nur Tiere gefunden, die von den Rotoren sofort getötet wurden, etwa weil sie Knochenbrüche erlitten oder von einem Propellerblatt erschlagen wurden. Fledermäuse können einem Rotorblatt auch im Dunkeln oft ausweichen, auf dessen Rückseite herrscht jedoch starker Unterdruck und dadurch besteht die Gefahr, dass ihre Lungen platzen. Experten sprechen vom Barotrauma. "Fledermäuse mit mildem Barotrauma sterben vermutlich nicht sofort, sondern könnten noch einige Minuten oder sogar Stunden weiterfliegen", sagt Voigt.

Zwei Drittel der in Deutschland getöteten Fledermäuse stammen nicht aus heimischen Beständen. Die Tiere durchqueren das Land zweimal pro Jahr, da sie sich im Winter im Südwesten Europas aufhalten und im Sommer in kühlere Gefilde im Nordosten fliegen. Zu den betroffenen Tierarten zähle unter anderem der Große Abendsegler und die Rauhautfledermaus. Beide seien auch bei etwas stärkerem Wind noch aktiv, heißt es in der Untersuchung.

Bisher hatten Naturschützer und Forscher empfohlen, Windräder bei schwachem Wind vom Netz zu nehmen - nur dann flögen die Tiere auf Höhe der Rotorblätter. Da moderne Windräder jedoch immer größere Rotorblätter haben, erwarten Wissenschaftler das Barotrauma als Todesart in Zukunft häufiger. Damit könnte sich nach Einschätzung Voigts auch die Zahl der unentdeckten Todesfälle erhöhen. Abschließend geklärt sind die Ursachen für die Todesfalle Windrad allerdings noch nicht. Diskutiert derzeit unter anderem, ob sich die Tiere von den Windrädern regelrecht angezogen fühlen, schreiben die Forscher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort