Google zeigt, wo die Grippewelle wütet

Saarbrücken · Google unterhält einen eigenen Dienst, um das Aufkommen von Grippe im Voraus einzuschätzen. Die Suchmaschine schließt von den Anfragen nach Impfstoffen auf eine bevorstehende Grippewelle.

 Weniger alarmierend ist dagegen die Bronchitis-Karte des Robert-Koch-Instituts. Grafik: Robert-Koch-Institut

Weniger alarmierend ist dagegen die Bronchitis-Karte des Robert-Koch-Instituts. Grafik: Robert-Koch-Institut

Die Nase trieft, der Hals ist heiser. Viele Internetnutzer befragen da schnell Googles Suchmaschine, um sich über Symptome und vorbeugende Maßnahmen gegen eine Grippe zu informieren. Besonders im Winter prasseln Millionen dieser Anfragen täglich nieder. Diese Daten lagen bis vor sieben Jahren brach. Google ist in diese Informationslücke damals mit seinem Dienst "Google Grippe Trends" gestoßen. Er schätzt die Häufigkeit von Grippeerkrankungen in Echtzeit ab.

Im täglichen Rhythmus wertet der Dienst die Suchanfragen zu Grippe und Medikamenten aus. "Unsere Beobachtungen haben gezeigt, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Suchanfragen zum Thema Grippe und der Anzahl der Personen mit Grippesymptomen gibt", begründet Google den Schritt, einen Dienst zur Früherkennung einzurichten. Der Suchdienst vergleicht die 50 Millionen häufigsten Anfragen zur Grippe mit den historischen Daten der nationalen Seuchenschutz-Behörden. Big Data nennt sich dieses Verfahren, wenn riesige Datenmengen systematisch ausgewertet werden und damit Vorhersagen getroffen werden können.

In 25 Ländern analysiert Google inzwischen die Sucheingaben, um für die Öffentlichkeit ein möglichst akkurates Bild von der Grippeverbreitung zu zeichnen. Die Ergebnisse stellt das Unternehmen auf der Seite google.org/flutrends zusammen. Eine Karte zeigt in Farbstufen die aktuelle Grippeverbreitung. Nach dem derzeitigen Stand bewegt sich Deutschland ausschließlich im Bereich hoher Grippehäufigkeit. Jeder Nutzer kann die bundesweite Grippekarte aufrufen oder auch ein einzelnes Bundesland aussuchen. Google selber versichert, dass die erhobenen Daten nicht dazu verwendet werden, einzelne Nutzer zu identifizieren. Das System sammelt täglich anonym die Suchanfragen zur Grippe. Allerdings werden die Anfragen Regionen zugeordnet.

Google feierte bereits 2008 einen ersten Erfolg, als es zwei Wochen vor der US-Gesundheitsbehörde den Verlauf der Grippewelle voraussagte. In Zukunft könnten Krankenhäuser, Ärzte und Medikamente-Hersteller in Echtzeit absehen, welche Maßnahmen sie ergreifen müssen. Für Otto Normalverbraucher sind die Vorteile nicht von der Hand zu weisen: Soll er sich mit Impfstoffen eindecken? In welchen Regionen ist die Ansteckungsgefahr besonders hoch?

Allerdings stößt das Vorgehen von Google nicht auf ungeteilte Zustimmung. Das Robert-Koch-Institut (RKI) kritisiert, allein der Umstand, dass die Nutzer nach bestimmten Begriffen suchen, lasse noch keine Rückschlüsse auf die bevorstehende Grippeverbreitung zu. Big Data sei trotzdem eine Zukunftstechnologie. Das RKI versucht selber mit dem Projekt Grippeweb, Menschen dazu zu bewegen, online und anonym Auskunft zu geben. Zusätzlich sammelt das Institut bundesweit aus Arztpraxen die Daten zu meldepflichtigen Krankheiten. Auf dieser Grundlage veröffentlicht die Einrichtung ebenfalls wöchentlich eine Grippekarte. influenza.rki.de/

google.org/flutrends

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