„Trolle nicht füttern“

München · Im Internet wird die gute Kinderstube gerne vergessen. Manchmal stecken hinter Provokationen und Beleidigungen nur harmlose Unruhestifter, manches ist aber auch ernst gemeint. Doch die Opfer müssen die Attacken nicht wehrlos über sich ergehen lassen.

 Nicht nur im Film „Der Hobbit“ sorgen Trolle für Angst und Schrecken. Auch im Internet treiben sie ihr Unwesen. Jedoch handelt es sich bei den Trollen im Netz nicht um Furcht einflößende Kreaturen, sondern um provokante Unruhestifter in sozialen Netzwerken. Foto: Warner

Nicht nur im Film „Der Hobbit“ sorgen Trolle für Angst und Schrecken. Auch im Internet treiben sie ihr Unwesen. Jedoch handelt es sich bei den Trollen im Netz nicht um Furcht einflößende Kreaturen, sondern um provokante Unruhestifter in sozialen Netzwerken. Foto: Warner

Foto: Warner

Internetnutzer diskutieren ständig im Netz, meistens kontrovers und oft nicht besonders produktiv. Bei bestimmten Themen geht es dabei besonders heftig zur Sache. Zurzeit sind das zum Beispiel der Ukraine-Konflikt, Videospiele, Feminismus oder Dauerbrenner wie die Zuwanderung. Wer sich dazu äußert, egal ob in sozialen Netzwerken oder im eigenen Blog, bekommt es schnell mit einem ganzen Schwarm aufgebrachter Kommentatoren zu tun.

Warum rasten manche Internetnutzer so aus? Wer im Netz massiv Unruhe verbreitet, wird als Troll bezeichnet. Den meisten geht es nicht um Inhalte, sie handeln aus Geltungssucht oder Langeweile. Eine kanadische Studie unterstellt Trollen sogar Wesenszüge von Sadisten. Aber nicht jeder, der im Internet herumstänkert, ist ein reiner Provokateur. "Die klassischen Trolle gibt es zwar noch", sagt Benjamin Krämer von der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität. "Viele Nutzer handeln aber auch stark ideologisch." Solchen Kommentatoren ist es bitterernst und umso stärker vergreifen sie sich deswegen im Ton.

Hilfe gegen Unruhestifter

Beim klassischen Troll ist die beste Reaktion in der Regel keine Reaktion. "Trolle nicht füttern", heißt es im Netz oft. Bei Unruhestiftern, die es ernst meinen, verschlimmert Ignoranz die Situation unter Umständen jedoch. "Wer kommentiert, engagiert sich", sagt Nina Springer, die gemeinsam mit Krämer forscht. "Wird das ignoriert, können Kommentatoren sehr heftig reagieren. Sie ernst zu nehmen, kann dagegen helfen, je nach Fall aber natürlich auch sehr mühsam sein."

So viel Mühe will sich nicht jeder machen. Vor allem, wenn aus dem einzelnen Angreifer ein ganzer Mob wird - der sogenannte Shitstorm. Spätestens dann können Betroffene auf die Hilfsmittel der verschiedenen Plattformen zurückgreifen. Blog-Software wie Wordpress erlaubt es zum Beispiel, Kommentare vor der Veröffentlichung zu überprüfen oder gleich ganz zu sperren.

In den sozialen Netzwerken lassen sich Trolle blockieren. Wie das geht und was das heißt, ist von Plattform zu Plattform unterschiedlich. Bei Facebook wird damit nicht nur die Freundschaft gekündigt, jegliche Interaktion ist ausgeschlossen. Die Option dafür findet sich auf jeder Facebook-Seite hinter dem Vorhängeschloss oben rechts. Informiert werden blockierte Nutzer nicht.

Bei Twitter lassen sich Nervensägen durch einen Klick auf das Zahnrad auf ihrer Profilseite blockieren. Einmal geblockt, können die Störer dem Nutzer nicht mehr folgen und tauchen nicht mehr in der Neuigkeiten-Spalte (Newsfeed) auf. Twitter hat auch eine Stummschalten-Funktion. Sie blendet die kurzen Textbeiträge (Tweet) aus, Nutzer können sich aber weiter folgen und Nachricht schicken.

Arten die Angriffe richtig aus, können Opfer sich juristisch wehren. Es gibt verschiedene Arten von Äußerungen, die auch im Netz unzulässig sind, erklärt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Michael Terhaag. Dazu zählt etwa die unwahre Tatsachenbehauptung. Wer also einfach Lügen über jemanden ins Netz stellt, kann Ärger bekommen.

Kommentare melden

"Auch eine wahre Behauptung kann aus anderen Gründen rechtlich problematisch sein", so der Experte für IT-Recht - etwa, wenn damit die Privatsphäre verletzt wird. "Aussagen über die sexuelle Orientierung von jemandem können wahr und müssen auch nicht unbedingt abwertend formuliert sein, das geht aber trotzdem keinen was an", nennt Terhaag ein Beispiel.

Unzulässig ist auch manche Meinungsäußerung dann, wenn sie beleidigend formuliert ist. Vor allem bei Bewertungen, etwa von Ärzten oder Restaurants, gibt es noch die sogenannte Schmähkritik. Das sind längere Meinungsäußerungen, die ohne Schimpfwörter auskommen, aber offensichtlich nur als Attacke gedacht sind.

Gegenwehr ist auf zwei Arten möglich. Erstens können Betroffene sich direkt an den Übeltäter wenden. Das kann aber schwierig werden, schließlich posten Trolle selten unter ihrem richtigen Namen. Erfolg versprechender ist es oft, sich direkt an die Plattform zu wenden. "Der Plattformbetreiber haftet in solchen Fällen, sobald er darüber informiert wird und nicht angemessen reagiert", erklärt Terhaag, die sogenannte Forenhaftung. Facebook , Twitter und Co. haben daher sogenannte Melde- oder Report-Funktionen für einzelne Beiträge und ganze Profile. Mit deren Hilfe können Mitglieder provokante oder verletztende Kommentare und Fotos mit wenigen Klicks an die Plattformbetreiber melden.

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