Europäisches Parlament macht Google Druck

Brüssel · EU-Abgeordnete wollen erreichen, dass Google seine Suchmaschine von anderen Dienstleistungen trennt. Abgeordnete werfen dem Konzern unter anderem vor, den Wettbewerb im Internet zu verfälschen.

Es könnte der Anfang vom Ende einer Monopolherrschaft sein. Das Europäische Parlament will den jahrelangen Untersuchungen der Kommission um die Vormachtstellung des US-Konzerns Google nicht länger einfach nur zusehen. Gestern forderten die Volksvertreter der 28 Mitgliedsstaaten in einem Positionspapier an die Kommission, Suchmaschinen von anderen Dienstleistungen desselben Unternehmens zu trennen. Zwar kam darin der Name des US-Konzerns nicht vor - doch die Botschaft war deutlich.

"Der Markt der Online-Suche ist von besonderer Bedeutung für die Wahrung der Wettbewerbsbedingungen im digitalen Binnenmarkt", betonten die Autoren der nicht-bindenden Resolution. Damit diese gewährleistet sei, müsse "die Auflistung, Bewertung, Darbietung und Reihenfolge von Ergebnissen bei Suchmaschinen frei von Verzerrungen und transparent sein".

Branchenbeobachter warnen seit Jahren vor der Vormachtstellung des 60 Milliarden schweren Unternehmens. Nach EU-Angaben bestimmt der US-Konzern in manchen Mitgliedsstaaten 90 Prozent der Suchergebnisse. Weil sich der Konzern zu 90 Prozent über Werbeeinnahmen finanziert, sehen die Volksvertreter die Neutralität der Suchergebnisse gefährdet.

Evelyne Gebhardt (SPD ) sprach während der Debatte von einem "stark verfälschten Wettbewerb im Internet", der vor allem Startups gefährde, die keine Chance hätten, in den Suchergebnissen aufzutauchen. Seit vier Jahren untersucht die Kommission den Fall Google . Der Verdacht: Das Unternehmen bevorzuge "ungebührlich" eigene Spezialdienste wie den Routenplaner Maps, Preisvergleiche oder etwa die Suche nach Hotels gegenüber kleineren Anbietern.

Gemeinsam mit den Christdemokraten hatten die Sozialdemokraten ihr Positionspapier durchgesetzt, mit dem sie "den Druck auf die Kommission erhöhen" wollen - zumal es Anfang dieses Jahres Gerüchte gab, dass die Kommission die Untersuchungen gegen Google einstellen wollte.

Die Abgeordneten werfen der Brüsseler Behörde zudem vor, die Wettbewerbsregeln nicht in vollem Ausmaß zu nutzen. Im Fall Google müsse man "auch die Möglichkeit der Aufspaltung des Unternehmens" in Betracht ziehen, sagte der binnenmarktpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Andreas Schwab (CDU ). Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ließ bislang nur verlauten, sich Zeit nehmen zu wollen, bevor sie neue Schritte unternimmt. Druck von den Mitgliedsstaaten hat sie vorerst nicht zu erwarten: Ihre Vertreter haben beim gestrigen Ratstreffen zum Digitalmarkt keine gemeinsame Position gefunden.

Meinung:

Google , der gierige Riese

Von SZ-KorrespondentinMirjam Moll

Google und Co. geht es an den Kragen. Zumindest, wenn es nach den Abgeordneten im Europäischen Parlament geht. Höchste Zeit wäre es allemal. Zwar ist das Positionspapier nicht bindend, doch setzt es Jean-Claude Junckers Team unter Zugzwang. Dabei sollte die Botschaft längst klar sein: Google finanziert sich zu 90 Prozent über Werbeeinnahmen, bei den Suchergebnissen werden die ersten drei Ergebnisse nachweislich am meisten geklickt. Mit freiem Wettbewerb hat das längst nichts mehr zu tun.

Sowohl die Kommission als auch die Vertreter der Mitgliedsstaaten im Rat treten auf der Stelle. Dabei gibt es kaum einen Grund, Google zu schützen: 90 Prozent der Internetsuchanfragen gehen auf das Konto des milliardenschweren Konzerns, der kaum Steuern zahlt. Startups drängt der Riese vom Markt.

Weil Europas digitaler Binnenmarkt noch in den Kinderschuhen steckt, entgehen der Union jährlich bis zu 260 Milliarden Euro. Höchste Zeit, endlich nationale Barrieren in einem internationalen Markt, der keine Grenzen kennt, abzubauen. Dann könnte auch Neutralität im Netz gewahrt sein. Andernfalls schluckt Google auch die letzten zehn Prozent.

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