Google soll nicht wahllos löschen

Berlin · Seit dem Sommer löscht Google auf Antrag von EU-Bürgern Links zu Informationen aus deren Vergangenheit. Die Umsetzung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sorgt für Diskussionen.

 Seit diesem Frühjahr ist die Suchmaschine Google verpflichtet, auf Antrag eines Betroffenen personenbezogene Daten aus ihren Suchergebnissen zu löschen. Dabei dürfe aber nicht unüberlegt vorgegangen werden, empfehlen Online-Experten. Foto: Google, Fotolia/Montage: Flom

Seit diesem Frühjahr ist die Suchmaschine Google verpflichtet, auf Antrag eines Betroffenen personenbezogene Daten aus ihren Suchergebnissen zu löschen. Dabei dürfe aber nicht unüberlegt vorgegangen werden, empfehlen Online-Experten. Foto: Google, Fotolia/Montage: Flom

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Verbraucherschützer und Internet-Experten haben die Betreiber von Suchmaschinen aufgefordert, seltener den Löschanträgen von Bürgern in der Europäischen Union nachzugeben. Auf einem Treffen des Experten-Beirats von Suchmaschinenriese Google zum "Recht auf Vergessenwerden" verwiesen die Sachverständigen auf das öffentliche Interesse an bestimmten Informationen, selbst wenn betroffene EU-Bürger diese aus den Ergebnislisten entfernen lassen wollen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Mai entschieden, dass EU-Bürger Google dazu verpflichten können, Links zu unangenehmen Themen aus ihrer Vergangenheit aus dem Internet verschwinden zu lassen. Google schaltete daraufhin eine Webseite frei, auf der solche Anträge gestellt werden können. Die eigentlichen Infos werden beim Löschvorgang nicht aus dem Web entfernt, lediglich der Link in Googles Suchergebnis verschwindet. Bislang bekam Google fast 150 000 Anträge von Europäern. Aus Deutschland stammen davon über 25 000. Rund 42 Prozent der beanstandeten Links aus ganz Europa seien aus den Suchergebnissen entfernt worden.

Michaela Zinke vom Verbraucherzentrale Bundesverband forderte eine konsequente Prüfung, ob ein Löschantrag tatsächlich eine Information über einen Bürger als private Person betreffe. So könne beispielsweise die Bewertung eines privaten Anwenders auf der Handelsplattform Ebay durchaus im öffentlichen Interesse sein. Matthias Spielkamp, Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen , verlangte, dass journalistische Inhalte generell von diesen Löschaktionen ausgenommen werden sollten.

Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin und Verfassungsrechtler, sagte, in Europa gebe es die Tendenz, zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechten auszugleichen. "Das EuGH-Urteil fügt eine neue Ebene in diesem Balanceakt hinzu, nämlich wie mit bereits veröffentlichten Material umgegangen wird." Dies könne auch die Frage beeinflussen, was überhaupt veröffentlicht werden darf. Die Pressefreiheit könnte dadurch gestärkt werden. Buermeyer sprach sich dafür aus, vor der Filterung von Suchergebnissen alle betroffenen Seiten zu hören. Moritz Karg, Referent beim Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz, betonte, es gebe auch nach dem EuGH-Urteil kein generelles "Recht auf Vergessen", sondern nur das Recht eines Bürgers auf einen Einspruch über die Verarbeitung seiner persönlichen Daten.

Google hat auch die Nutzer selbst aufgefordert, Vorschläge für Lösch-Richtlinien einzubringen. Unter google.com/intl/de/advisorycounci können Nutzer ihre Meinungen und Ideen zu Löschanträgen an den Internetkonzern senden.

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