Auf Selbstfindungstrip im Netz

Saarbrücken · Welcher Job passt zu mir? Bin ich ein guter Chef? Und welcher Partner macht mich glücklich? Zahlreiche Online-Psychotests versprechen Antworten auf diese Fragen. Viele der Verfahren sehen Experten jedoch kritisch.

Einst gab es Persönlichkeitstests überwiegend in Frauen- und Jugendzeitschriften, heute tummeln sie sich im Netz und sprechen weibliche und männliche Internetnutzer gleichermaßen an. Tests à la "Welcher Superheld bin ich?" und "Bin ich ein guter Liebhaber?" erfreuen sich großer Beliebtheit. Kein Wunder, denn meist sind sie kostenlos, unterhaltsam und liefern schnelle Ergebnisse.

"Viele Menschen freuen sich, eigene Annahmen über ihren Charakter bestätigt zu bekommen, etwa, dass sie ein guter Freund sind", sagt Nicolas Becker, Psychologe an der Universität des Saarlandes , der sich mit der Konstruktion und Bewertung von psychologischen Tests beschäftigt. Andere suchen Antworten auf Fragen zu Partnerschaft, Charakter, Interessen und Job als Orientierungshilfe, wenn sie in verschiedenen Situationen nicht weiter wissen, so Becker.

"Menschen, die solche Tests zurate ziehen, haben oft Schwierigkeiten, sich selbst einzuschätzen", erklärt Elisabeth Hahn, Psychologin für Differentielle Psychologie und psychologische Diagnostik an der Universität des Saarlandes . Becker warnt jedoch davor, Spaßtests zu ernst zu nehmen, da sie meist wissenschaftlicher Grundlagen entbehren.

Neben Spaßtests gibt es auch online wissenschaftlich fundierte Testverfahren, die auf theoretisch begründeten Modellen beruhen. Etwa auf dem Big-Five-Modell, das anhand der fünf Eigenschaften Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Offenheit, Anpassungsbereitschaft und dem Bedürfnis nach Stabilität ein individuelles Persönlichkeitsprofil erstellt.

"Ein Problem der Online-Tests ist, dass man häufig gar nicht weiß, wie ein bestimmtes Ergebnis zustande kommt", sagt Becker. Darüber hinaus steht und fällt die Aussagekraft mit der Ehrlichkeit der Antworten. Auch ein wissenschaftlich fundierter Test kann durch verfälschte Antworten ein ungültiges Ergebnis liefern. "Meist kann man erkennen, welche Antworten einen gut dastehen lassen", sagt Becker. "Aus der psychologischen Forschung ist bekannt, dass man in Fragebögen die Tendenz hat, ein besonders positives Bild von sich selbst zu zeichnen."

Für test.de prüfte die Stiftung Warentest zehn Persönlichkeitstests, die im Hinblick auf die Karriereplanung dabei helfen sollen, die eigenen Kompetenzen und Potenziale zu erkennen. Das Ergebnis: Nur zwei der getesteten Online-Angebote schnitten mit "gut" ab. Als größtes Manko nennt die zuständige Redakteurin Andrea Frey die Darstellung der Ergebnisse. "Die war in den meisten Fällen zu kurz und schwammig und daher wenig aussagekräftig und hilfreich", erläutert Frey. Seriöse Tests erkenne der Laie vor allem an der Transparenz der Anbieter, so Frey. Das zugrunde liegende wissenschaftliche Konzept sollte ebenso klar erkennbar sein wie die Zielgruppe und das Testverfahren. Die beiden kostenpflichtigen Testsieger explorix.de und diamic.de überzeugten die Warentester durch eine verständliche Auswertung und konkrete Berufsvorschläge. Frey empfiehlt jedoch, Online-Tests nur als Denkanstoß anzusehen. Wer ernsthaft Hilfe suche, komme um eine individuelle Beratung nicht herum.

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