Auf der Spur von Otto Normalverbraucher

Saarbrücken · Big Data, dieser Begriff steht für die Suche nach wirtschaftlich wertvollen Daten über die Internetnutzer. Sie stehen deshalb auf Schritt und Tritt im Datennetz unter Beobachtung. Doch ist das wirklich rechtens?

 Viele Internetdienste spionieren Nutzern hinterher, um Infos über sie zu erhalten. Bild: dpa

Viele Internetdienste spionieren Nutzern hinterher, um Infos über sie zu erhalten. Bild: dpa

Wer regelmäßig im Internet unterwegs ist, kennt das Phänomen. Kurz nachdem man auf einem Internetportal für Immobilien nach einem netten Einfamilienhäuschen gesucht hat, wird auf allen möglichen Webseiten Werbung für Häuser eingeblendet, natürlich genau in der Gegend des gewünschten Wohnortes.

"Fast jede Webseite protokolliert heute genau, wie lange ein Nutzer auf ihr verweilt und was er dort tut", erklärt Professor Christian Hammer vom Center for IT-Security, Privacy and Accountability (CISPA) der Universität des Saarlandes . "Im Hintergrund werden allerlei Infos über uns gesammelt." Gerade Smartphones seien äußerst datenhungrig und senden selbstständig Informationen in die Datenzentren der Konzerne. Dort werden für jeden Nutzer Profile angelegt. "Big Data" nennen Experten es, wenn Unternehmen aus allen möglichen Quellen Daten sammeln, um diese wirtschaftlich zu nutzen. Daten seien das "Erdöl der Zukunft", so der IT-Branchenverband Bitkom.

"Big Data ist die Zusammenführung bislang nicht verknüpfter Daten", erklärt Georg Borges, Professor für Rechtsinformatik an der Universität des Saarlandes . Das bringe einerseits viele Erleichterungen im Alltag - etwa wenn anhand der Standortdaten von Handy-nutzern in Windeseile Staus erkannt und gemeldet werden. Andererseits berge Big Data aber auch Gefahren. Die größte Herausforderung liege darin, zu bestimmen, "welche Anwendungen wir wollen und welche nicht", inwieweit der Nutzer "manipuliert werden will", sagt Borges.

"Manipulation durch automatisierte Wissensüberlegenheit" nennt Borges die Beeinflussung des Menschen durch quasi allwissende Computer und bringt ein Beispiel: "In Spielcasinos werden längst für Stammgäste vollautomatisch Nutzerprofile gespeichert." Ein Spielautomat wisse daher anhand entsprechender Algorithmen genau, ab wie vielen Nieten sein Kunde frustriert ist und wann er ihm einen kleinen Glücksmoment bescheren muss, um ihn bei der Stange zu halten, etwa in Form eines Getränkegutscheins. "Der Spieler wird von einer überlegenen Wissensmacht manipuliert. Und das ist keine Science Fiction", so Borges, "solche Software kann ich kaufen."

"Es gibt allerdings rechtliche Grenzen, wie weit Manipulation gehen darf", so Borges weiter. Werbung auf einer Webseite etwa müsse durch Hinweise wie "Anzeige" kenntlich gemacht sein. Dafür gebe es klare Richtlinien im Telemediengesetz. "Soweit nicht ausnahmsweise ein Verbot besteht, dürfen wir aber so viel manipulieren, wie wir wollen", erklärt der Jurist. Ein Freibrief für Computerdienste, den Nutzer nach Strich und Faden zu beeinflussen? "Wir müssen uns fragen, wo die Grenzen liegen." Derzeit sei die juristische Forschung im Umgang mit der Datenflut aber noch ganz am Anfang. Der Experte sieht Transparenz als einen entscheidenden Faktor. "Man könnte verlangen, dass Internetdienste Informationen, die anhand individueller Nutzerprofile generiert wurden, kenntlich machen müssen."

Zum Thema:

Auf einen BlickIn seiner Vortragsreihe "Alltagsprobleme im Internet" beschäftigt sich Georg Borges mit Rechtsfragen aus der IT- Welt. Die nächste der folgenden sieben Veranstaltungen findet am Mittwoch, 25. Juni, ab 18 Uhr an der Universität des Saarlandes , Gebäude B 4.1, Raum 0.07 statt. Das Thema lautet "Wie sicher sind meine Daten in der Cloud? - Datenschutz und Cloud Computing". mth

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort