Wie das Internet der Zukunft aussieht

Saarbrücken · Freies Sprechen mit dem Computer könnte bald kein Stoff aus Filmen mehr sein. Wenn es nach IT-Experten geht, sollen sogenannte semantische Suchmaschinen genau das bereits in wenigen Jahren ermöglichen.

Wie weit ist es bis Rigel 7? Wenn ein Hollywood-Raumschiff-Kapitän nicht weiterweiß, hilft der schlaue Bordcomputer. Egal ob der HAL 9000 in Stanley Kubricks "2001", der MU-TH-UR 6000 ("Mother") in Ridley Scotts "Alien" oder der Bordcomputer der Enterprise: Die schlauen Maschinen verstehen jede Frage und geben eine klar formulierte Antwort.

Reine Zukunftsmusik? Bereits heute sind Google oder die Computerdame Siri auf Apples iPhone in der Lage, einfach gestellte Fragen wie "Wann starb Theodore Roosevelt?" zu verstehen und zu beantworten. Von der direkten Kommunikation, wie sie die Computer in den Filmen beherrschen, sind die heutigen Geräte und Internetsuchmaschinen aber noch weit entfernt.

Das direkte Befragen eines Computers in normaler Umgangssprache nennen Experten semantische Suche, benannt nach der Semantik, also der Bedeutung von Wörtern oder Sätzen. Wie das Ganze funktioniert, erklärt Anselm Blocher vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken. "Bei einer normalen Suchmaschine gebe ich einen Begriff ein und bekomme dann entsprechende Treffer aufgelistet. Bei einer semantischen Suche hingegen finde ich nicht nur den gesuchten Begriff, sondern auch Begriffe mit ähnlicher oder identischer Bedeutung." Der Clou liegt darin, dass die Suchmaschinen Bedeutungszusammenhänge erkennen, also etwa alternative Bedeutungen eines Wortes oder andere Wörter mit gleicher Bedeutung. "Der Computer weiß also zum Beispiel, dass Zecke sowohl ein Tier als auch der Spitzname des Fußballers Andreas Neuendorf ist", so Blocher. Je mehr der Computer weiß, desto eher ist er in der Lage, eine Suchanfrage des Nutzers zu verstehen, sich quasi seinen Teil dazu zu denken. Aus einer simplen Ergebnisliste mit passenden Seiten wird so eine richtige Antwort. "In wenigen Jahren könnte die semantische Suche das Internet, wie wir es kennen, drastisch verändern", so Markus Schaffrin vom Eco-Verband, dem Verband der deutschen Internetwirtschaft.

Damit das Prinzip zum Standard wird, ist aber noch viel zu tun. Die Datenbestände im Internet müssen mit all ihren Bedeutungen versehen werden, "semantisch annotiert sein", wie Blocher es nennt. Im Grunde heißt das nichts anderes, als dass man im Prinzip für jeden Begriff der menschlichen Sprache dem Computer alle möglichen Bedeutungen sowie alle Sinnzusammenhänge beibringen muss. Zwar gebe es Systeme, die diesen Prozess - Experten sprechen von Informationsextraktion - automatisieren. Die vom Computer gefundenen Begriffszusammenhänge müssen aber zumindest stichprobenartig vom Menschen überprüft werden. Kein Wunder also, dass bislang nur wenige Webseitenbetreiber bereit sind, ihre Daten entsprechend aufzubereiten. "Da besteht Nachholbedarf", so der Experte.

Manche Webdienste arbeiten dennoch bereits heute nach dem Prinzip. Neben Google und Siri, hinter denen zumindest teilweise schon Bedeutung steckt, sind das spezielle Suchmaschinen, die sich auf bestimmte Wissensgebiete konzentrieren und deren Datenbestand schon entsprechend mit allen möglichen Bedeutungen versehen wurde. Als Beispiel nennt Blocher die Suchmaschine Wolfram Alpha, die in erster Linie naturwissenschaftliche Wissensbereiche abdeckt.

Wie eine von Eco durchgeführte Umfrage unter IT-Experten ergab, rechnen 83 Prozent der Befragten damit, dass die semantische Suche bereits 2020 flächendeckend zum Einsatz kommen wird. Blocher schätzt die Chancen dafür eher gering ein. "Allerdings sieht man ja etwa an Siri, wie viele Fortschritte wir in den letzten Jahren gemacht haben."

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