Endzeitstimmung auf dem Uni-Campus

Saarbrücken · Auf dem Campus wächst angesichts der Sparvorgaben für die Saar-Uni die Angst. Viele Studenten sorgen sich um die Qualität der Lehre und den Ruf ihrer Hochschule. Einige überlegen sogar, dem Saarland den Rücken zu kehren.

 Studenten demonstrieren am 15. Januar in Saarbrücken gegen die Sparvorgaben für die Saar-Universität.

Studenten demonstrieren am 15. Januar in Saarbrücken gegen die Sparvorgaben für die Saar-Universität.

Foto: Becker & Bredel

Auf dem Campus der Saar-Universität herrscht gedrückte Stimmung. Weil die Landesregierung den Etat der Universität bis 2020 eingefroren hat, muss die Hochschule Millionen sparen. Rund 6000 Studenten gingen vor zwei Wochen auf die Straße, um ihrer Empörung über die Sparmaßnahmen Ausdruck zu verleihen, viele auf dem Campus sorgen sich um ihre Zukunft. "Hätte ich zu Beginn meines Studiums von den Sparmaßnahmen gewusst, wäre ich definitiv nicht ins Saarland gekommen", sagt die Jurastudentin Katharina Schrammer. "Ich überlege sogar die Uni zu wechseln und in Nürnberg oder München zu Ende zu studieren." Schon jetzt kritisiert die 24-Jährige Einschnitte in der Lehre. Sie befürchtet nicht nur ein schrumpfendes Fächerangebot, sondern auch starke Einbußen für den Bildungsstandort Saarland. Für sie seien die Sparmaßnahmen am deutlichsten in den Jura-Arbeitsgemeinschaften zu spüren. "Dort saßen wir letztes Semester noch mit 20 Leuten. Jetzt sind es zwischen 60 und 100. Die Qualität der Veranstaltungen hat schon schwer nachgelassen, obwohl sie sehr wichtig für das Studium sind." Auch das Angebot der Bibliothek der Rechtswissenschaften habe sich deutlich verschlechtert: "Zu manchen Gesetzen gibt es nur noch einen aktuellen Kommentar, den etwa 500 Studenten brauchen."

Ähnlich geht es Caroline Urbitzek, die Historisch orientierte Kulturwissenschaften studiert. Auch sie hätte ihr Studium nicht in Saarbrücken begonnen, wenn sie um die aktuellen Entwicklungen gewusst hätte. "Angst habe ich keine, weil ich bald fertig bin, aber ich mache mir um die Jüngeren Sorgen. Unser Fach ist interdisziplinär. Wenn beispielsweise die Kunstgeschichte wegfällt, kann unser Fachbereich ganz zumachen." Die Einsparungen spüre sie besonders an der Institutsbibliothek, deren Öffnungszeiten schon jetzt gekürzt worden seien. "Ich verstehe nicht, warum die Informatik ständig neue Gebäude bekommt und in unseren Sälen teilweise die Steckdosen fehlen. Ich wünsche mir, dass die Politik Alternativen zum jetzigen Sparkonzept erarbeitet." Der BWL-Student Sajoscha Zapp findet, dass man besonders Schüler in die Diskussion eingebunden werden sollten, da sie genauso betroffen seien. "Die Mensa ist jetzt samstags geschlossen, außerdem gibt es in unserer Bibliothek oft zu wenig Exemplare eines Buches", sagen die Jura-Studenten André Meiser und Paul Lütke. Der Informatikstudent Maximilian Fellinger fühlt sich zwar noch nicht vom Sparkurs betroffen, glaubt aber, dass er den Ruf des Saarlandes schädigen könnte: "Ich glaube, dass dadurch hier bald viele Fachkräfte fehlen könnten. Da geht es ja nicht nur um die Uni, sondern auch um saarländische Firmen, denen vielleicht dann der Nachwuchs fehlt." Er sorgt sich, dass die Informatik künftig weniger Doktorandenstellen vergibt und er nicht wie geplant im Saarland promovieren kann. "Vielleicht gehe ich dann nach Kaiserslautern", erklärt Fellinger. "Die Bildung sollte das Letzte sein, wo die Politik so massiv einspart", sagt der BWL-Student Tim Schneider. Er findet, dass der Sparkurs schon deutlich zu spüren sei. "Der Lehrstuhl für Ökonometrie wurde nicht neu besetzt." Dies bedeute auch ein potenzielles Wahlfach weniger für ihn. "Lieber sollte mal die Bürokratie des Landes erneuert werden. Da könnte viel gespart werden", sagt Schneider. Dass mehr in die Bildung investiert werden solle, findet auch der Geschichtsstudent Sascha Regnieri. Er glaubt, dass in seinem Fach künftig viele Teilbereiche wegfallen und das Lehrangebot stark eingeschränkt wird. "Wenn schon gespart werden muss, dann so, dass keine Fachrichtung Existenzängste haben muss. Da sollte die Politik lieber an stadtplanerischen Prestigeprojekten wie der ‚Stadtmitte am Fluss' sparen", sagt der 21-jährige. "Am breiten Fächerangebot hängen schließlich auch viele Arbeitsplätze, darunter renommierte Professuren", sagt die Philosophie-Studentin Stefanie Greco. Sie fordert ein Umdenken der Politik : "Im Bereich der Bildung sollten die Finanzen generell nicht so streng gehandhabt werden, gerade in einer Landeshauptstadt. Für den Bau des neuen Kunstpavillons dagegen wurde sehr viel Geld ausgegeben - und den braucht keiner. Oder für den Saarbahnausbau nach Riegelsberg, obwohl dort dagegen protestiert wurde."

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