Aufstand der Architektur-Studenten

Saarbrücken · Rund 250 Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft ziehen im Frühjahr vom Campus Rotenbühl auf das alte Grubengelände in Göttelborn. Das neue Domizil bietet unbestritten viele Vorteile. Die Studenten lehnen es trotzdem strikt ab. Sie schrecken vor allem die langen Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln ab.

 Die ehemalige Werkstatthalle der Grube Göttelborn soll das neue Hauptgebäude der HTW-Architekten werden. Foto: Dietze

Die ehemalige Werkstatthalle der Grube Göttelborn soll das neue Hauptgebäude der HTW-Architekten werden. Foto: Dietze

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"Und das ist bald mein täglicher Weg zur Uni", sagt der Architektur-Student Matthias Kollmann resigniert im Bus auf dem Weg von Saarbrücken nach Göttelborn. Ab kommendem Sommersemester müssen er und seine rund 250 Kommilitonen vom Campus Rotenbühl der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) auf das alte Grubengelände in Göttelborn umziehen. Ursprünglich sollte die Fakultät für Architektur im neuen HTW-Hochhaus auf dem Campus in Alt-Saarbrücken untergebracht werden. Wegen Brandschutzmängeln ist jedoch nicht absehbar, wann das Gebäude bezogen werden kann (wir berichteten). Um die Raumnot der HTW zu lindern, sollen die Architekten nun für fünf Jahre in Göttelborn unterkommen. Dort steht ihnen in etwa so viel Platz zur Verfügung, wie im HTW-Hochhaus für sie eingeplant war.

Während der Dekan der Fakultät, Heiko Lukas, in erster Linie auf die wesentlich bessere Unterbringung am neuen Ort verweist, sorgen sich die Studenten vor allem um die schlechte Verkehrsanbindung. Der schnellste Bus vom Saarbrücker Hauptbahnhof braucht eine halbe Stunde, danach folgt ein Fußweg von knapp fünf Minuten. Doch in der Praxis wird die Fahrtzeit für die meisten Studenten erheblich länger dauern. Kollmann sagt: "Insgesamt bin ich pro Weg über eine Stunde unterwegs. Je nachdem, wo man wohnt, dauert es noch viel länger." Die Staatskanzlei geht davon aus, dass der Campus unter der Woche mit öffentlichen Verkehrsmitteln mindestens halbstündig erreichbar sein soll. Außerhalb der üblichen Vorlesungszeiten soll zudem ein Anruf-Sammeltaxi eingerichtet werden. Genauere Infos dazu gibt es bislang allerdings nicht.

Architektur-Professor Lukas betont hingegen die Vorteile der neuen Gebäude: "Hier kann jeder der 250 Studenten einen eigenen Arbeitsplatz haben. Und das alles in einem großen offenen Raum. Solche Bedingungen sind in Südwestdeutschland einzigartig." Neben dem Hauptgebäude stehen den Architekten auch noch das neue Gästehaus und zwei weitere Gebäude zur Verfügung. Neues Mobiliar werde laut Lukas kaum gebraucht, da das Material aus dem HTW-Hochhaus genutzt werden soll. Kollmann sagt: "Wir müssen gar nicht darüber diskutieren, dass die räumlichen Bedingungen hier besser sind als in Saarbrücken . Unser Problem ist in erster Linie die Anreise. Zudem ist nicht geklärt, wie es mit der Mensa und der Bibliothek hier aussehen soll." In der Tat ist bislang nicht klar, wie die Architekten vor Ort mit Essen versorgt werden sollen.

Vor allem Studentinnen haben bemängelt, dass der Weg von den Arbeitsplätzen auf dem Göttelborner Gelände zur Bushaltestelle nicht durchgehend beleuchtet ist. Dekan Lukas verspricht jedoch eine Lösung bis spätestens zum kommenden Frühjahr.

Das alles kann aber offenbar nicht dazu beitragen, das verheerende Image des Standorts bei den Architektur-Studenten zu heben. Bei einer von der Fachschaft Architektur durchgeführten Umfrage zum neuen Standort haben sich 97 Prozent der Studenten gegen Göttelborn ausgesprochen. Viele der Studenten erklärten zudem, dass sie sich von HTW-Rektor Wolrad Rommel nicht ernst genommen fühlen. Und dann ist da noch die Sorge, dass, wenn der ungeliebte Umzug denn schon stattfinden muss, die neuen Räume bis April niemals vollständig eingerichtet sein werden. Bei all diesen Punkten widerspricht der Dekan ihrer Fakultät. Heiko Lukas: "Wir sind uns sicher, dass zu Semesterbeginn alles fertig ist."

"Viele spielen nun mit dem Gedanken, zu wechseln"

 Aus dem neuen Verwaltungsgebäude der HTW-Architekten ist der ehemalige Förderturm der Grube Göttelborn zu sehen. Foto: Dietze

Aus dem neuen Verwaltungsgebäude der HTW-Architekten ist der ehemalige Förderturm der Grube Göttelborn zu sehen. Foto: Dietze

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Trotz besserer Studienbedingungen in Göttelborn bevorzugen die Studenten den Campus in Saarbrücken

Die weit überwiegende Mehrheit der Architektur-Studenten der HTW sieht den Umzug vom Campus Rotenbühl in Saarbrücken nach Göttelborn kritisch. Nur diejenigen, die in unmittelbarer Nachbarschaft der neuen HTW-Dependance wohnen, sehen diesen Standort als Vorteil.

Von SZ-Redaktionsmitglied Alexander Stallmann

Sen Arda studiert im 4. Semester Architektur. Er sagt: "Viele von uns gehen neben dem Studium noch arbeiten. Das wird nicht mehr gehen, wenn wir in Göttelborn sind. Man kann nicht mal eben zwischendurch ein paar Stunden arbeiten, weil die Fahrtzeit einfach zu lange dauert." Dominik Brys, ebenfalls Architektur-Student an der HTW, sagt: "Viele spielen nun mit dem Gedanken, zu wechseln."

Matthias Kollmann ist im 6. Semester und verweist auf das Votum der Umfrage am Fachbereich: "Von den Architektur-Studenten haben sich 97 Prozent gegen die Auslagerung nach Göttelborn ausgesprochen." Armin Sherafat erklärt: "Ich mag den Campus hier in Saarbrücken . Und wegen meines Hiwi-Jobs muss ich manchmal kurzfristig hierher kommen. Das wird in Zukunft nicht mehr möglich sein. Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll. Diese Unsicherheit ist ein Störfaktor beim Studieren." Und auch Ronja Becker, Architektur-Studentin im 4. Semester , erklärt: "Wir haben das Gefühl, dass wir nicht ernst genommen werden." Bei der Vollversammlung sei Rektor Rommel überhaupt nicht auf Vorschläge der Studenten eingegangen. Er sei nur für die Option Göttelborn offen gewesen.

Der Studentin Ann-Tina Weippert kommt der Wechsel hingegen zugute. Sie sagt: "Ich wohne in Merchweiler. Deshalb hätte der Umzug nach Göttelborn für mich eigentlich nur Vorteile. Ich freue mich darüber, kann aber auch verstehen, dass es für Leute, die weiter weg wohnen, ärgerlich ist." Sandra Kreis wohnt in Völklingen. Sie erklärt: "Ich habe mir wegen des Umzugs nach Göttelborn schon überlegt, ob ich den Studienort wechseln soll. Die Kommunikation mit dem Rektor empfand ich als Provokation." Lara Finke wohnt in Saarbrücken . Auch sie hat bereits überlegt, den Studienort zu wechseln: "Ich habe mir meine Wohnung gezielt gesucht, weil ich kein Auto habe und ich es mit dem Fahrrad in zehn Minuten zum Campus schaffe. Wenn ich diese Bedingungen in einer anderen Stadt haben kann, gibt es nichts, was mich hier hält."

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