"Die SPD-Spitze ist gefragt"

Berlin · Vor der heutigen Vernehmung des unter Kinderpornoverdacht stehenden Ex-SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy betont die Obfrau der Grünen im Untersuchungsausschuss, Irene Mihalic, dass auch die komplette SPD-Spitze vernommen werden muss. Zugleich plädiert sie im Gespräch mit unserer Zeitung für eine direkte Konfrontation Edathys mit Michael Hartmann, dem früheren innenpolitischen Sprecher der SPD. Edathy behauptet, Hartmann habe ihn vor Ermittlungen gewarnt.

Frau Mihalic, Sebastian Edathy tritt heute zuerst vor der Presse auf. Empfinden Sie das als Affront?
Irene Mihalic:
Entscheidend ist, dass zehn Monate nach der ersten Sondersitzung des Innenausschusses endlich Licht auf die Informationsabläufe geworfen wird. Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist es, die genauen Details der Informationsweitergabe, so wie Edathy sie schildert, zu ermitteln. Seine Aussage muss dann mit den Versionen der weiteren Zeugen abgeglichen werden. Hier ist insbesondere die SPD-Spitze gefragt, endlich zur Aufklärung aktiv beizutragen.

Edathy hat zahlreiche SMS zwischen ihm und der SPD-Spitze veröffentlicht. Versucht er, seine Haut zu retten?
Irene Mihalic:
Edathys Aussagen helfen ihm in seinem eigenen Verfahren überhaupt nicht weiter. Richtig ist aber, dass die SPD-Spitze bis zum vergangenen Wochenende gemauert hat. Auch deshalb ist die Wirkung der SMS in der Öffentlichkeit so verheerend. Das Führungstrio der SPD wird Gelegenheit haben, sich zu jedem einzelnen Detail von Edathys Veröffentlichungen zu äußern. Es ist höchste Zeit, den skandalösen Umgang mit einem so sensiblen Strafverfahren umfassend aufzuklären.

Wie wichtig ist für Sie der Zeuge Michael Hartmann? Edathy behauptet, von ihm gewarnt worden zu sein.
Irene Mihalic:
Die Vernehmung von Herrn Hartmann ist für uns sehr wichtig. Am Sonntag wollte er zunächst aus Respekt vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss die Aussagen von Herrn Edathy gar nicht kommentieren. Kurze Zeit später kommt von ihm ein sehr undurchsichtiges Dementi, das viele neue Fragen aufwirft. Stichwort Respekt: Wie kann es sein, dass sich der Innenausschuss in vielen Sitzungen mit der Informationsweitergabe an Edathy befasst hat und Herr Hartmann, der dem Gremium damals noch angehörte dazu schweigt. Warum hat er vor diesem Gremium nichts berichtet von Gesprächen mit Edathy auf dem SPD-Parteitag, von seinem Wissen über Kundendateien? Wir werden das alles sehr genau ergründen. Denn es geht um die Glaubwürdigkeit der Politik.

Wird der Ausschuss zutage fördern können, wer lügt?
Irene Mihalic:
Das wird sich zeigen. Wir werden beide Zeugen intensiv befragen und die Plausibilität der Aussagen genau zu prüfen haben. Auch eine direkte Gegenüberstellung der Zeugen wäre dazu ein wichtiges Mittel, auch wenn Union und SPD das bisher noch öffentlich ablehnen. Ich sage, wenn es im Sinne der Aufklärung ist, sollten wir auf das Instrument der Gegenüberstellung nicht verzichten. In den nächsten Sitzungen werden wir dann mit Ziercke, Fritsche, Friedrich und dem SPD-Führungstrio die weiteren Zeugen vernehmen. Wir werden alles dafür tun, am Ende ein stimmiges Bild der Informationsabläufe zu bekommen.

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